NL Waldeck, Florian, 1889-1962 (Bestand)

Archive plan context


Title:NL Waldeck, Florian
Name of the creator / provenance:Der Nachlass wurde nach Angabe von Frau Burger kurz nach dem Tode von Florian Waldeck vom Stadtarchiv aus dem Rechtsanwaltbüro in Mannheim und der Wohnung in Heidelberg übernommen. 1967 erfolgte anlässlich einer Recherche die erste grobe Aufnahme des Nachlasses durch Herrn Stadtarchivar Schadt. Dabei wurde ein vorläufiges Findbuch erstellt und ein stärker erschließendes Findmittel in Aussicht gestellt.
Geschichte der Institution mit Archivbeständen:Florian Waldeck wurde am 15. Februar 1886 in Mannheim geboren. Er kam in seinem Elternhaus in C2 zur Welt. Seine Eltern waren der jüdische Bankprokurist Hermann Waldeck (1854-1922) und dessen Ehefrau Helene geborene Rosenfeld.

Er besuchte die Vorschule des Instituts Schwarz (1892-1895) und das Karl-Friedrich-Gymnasium (1895-1905). 1905 legte er dort das Abitur ab. Zwischen 1905 – 1910 studierte Florian Waldeck Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg im Breisgau, Heidelberg und München. 1910 legte er das I. Staatsexamen ab und promovierte zwei Jahre später an der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg. Als junger Mann war er zwischen 1910 – 1914 als Rechtspraktikant (Referendar) in Heidelberg, Schwetzingen, Mannheim und Donaueschingen tätig. Im 1. Weltkrieg wurde er zum Kriegsdienst eingezogen, heirate jedoch im August 1917 die katholische Christin Berta Mackle. Sie wurde 1890 in Oberhausen (Kreis Bruchsal) geboren und war die Tochter eines Ziegeleibesitzers. Die beiden hatten sich während Waldecks Referendariat in Donaueschingen kennen gelernt. Florian Waldeck trat in diesem Jahr vom Judentum zum Protestantismus über. 1918 kehrte er als Leutnant aus dem Krieg zurück und legte das II. Staatsexamen (Assesorenexamen) ab. Danach war er als Rechtsanwalt in der Anwaltspraxis von Ernst Bassermann in Mannheim tätig. Außerdem wurde er Mitglied des Vorstandes des Mannheimer Anwaltsvereins. Florian Waldeck begann sich durch seine Freundschaft mit Ernst Bassermann politisch zu engagieren. Er wurde Stellvertretender-Vorsitzender des Ortsvereins Mannheim der Deutschen Volkspartei (DVP) und Mitglied des Bürgerausschusses. Von 1924 - 1933 war er Stadtverordneter der Stadt Mannheim. Er wurde 1927 für den Wahlkreis Mannheim in den badischen Landtag gewählt und wurde Fraktionsvorsitzender der Deutschen Volkspartei. 1929 ernannte man ihn zum Vizepräsident des badischen Landtages. Zudem war er Stellvertretener-Vorsitzender des Geschäftsführungsausschusses, sowie Schriftführer des Rechtspflegeausschuss.

Florian Waldeck zeigte ein großes geschichtliches Interesse und veröffentlichte zahlreiche heimatgeschichtliche Aufsätze, die er in den Mannheimer Geschichtsblättern und dem General-Anzeiger veröffentlichte. Er publizierte in diesem Zusammenhang eine mehrbändige genealogische Abhandlung über bedeutende Mannheimer Familien. 1930 wurde er bis dahin jüngster Vorsitzender des Altertumsvereins.

In den Jahren 1931/1932 übernahm er den Vorstand des DVP-Ortsverein in Mannheim. Dem badischen Landtag gehörte er bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 an. Danach musste er den Vorsitz des Altertumsvereins niederlegen. Er konnte bis 1938 als Rechtsanwalt praktizieren, jedoch wurde der politische Druck immer stärker. Er war den Machthabern durch seine jüdische Abstammung und durch die demokratische Gesinnung ein Dorn im Auge. Im Februar 1939 entschloss er sich nach Belgien flüchten, um sich einer drohenden Verhaftung zu entziehen. Dort lebte er mit seiner Frau Berta in Brüssel und hatte nach dem deutschen Einmarsch ständig Furcht entdeckt zu werden. Die Waldecks hatten Glück, dass beim deutschen Militär die Mannheimer Dr. Koehler und Dr. Leiber ihre schützende Hand über sie hoben. Seine in Mannheim verbliebene Mutter und Schwester nahmen sich jedoch 1942 das Leben um der Deportation zu entgehen.

Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte er nach Deutschland zurück und zog nach Heidelberg. In den Anfangsjahren praktizierte er dort als Rechtsanwalt, verlegte jedoch bald das Büro nach Mannheim. Er nahm, wie vor 1933 eine wichtige Stellung im öffentlichen Leben ein und führte sein Engagement ungemindert fort. 1947 wurde Florian Waldeck für die CDU in den Mannheimer Stadtrat gewählt. Dieses Amt übte er sechs Jahre aus und verzichtete danach auf eine weitere Kandidatur. 1950 wurde der Intendantenposten des Nationaltheaters einem vorläufigen Kollegium unter dem Vorsitz von Dr. Florian Waldeck übertragen, das er ein Jahr ausübte. Durch diese Tätigkeit wurde er zum Ehrenvorsitzenden des Mannheimer-Nationaltheaters ernannt. Ihm lag deshalb der Neubau des im Kriege zerstörten Theaters am Herzen. Er gehörte auch dem Kuratorium der Stiftung des Nationaltheater-Neubau und des Kuratorium der Schwetzinger Festspiele an.

Durch seinen Beruf übernahm er den Vorsitz des Mannheimer Anwaltsvereins, den Vorsitz der Rechtanwaltskammer Nordbaden (1948-1960), das Vizepräsidentenamt des Deutschen Anwaltsvereins (1954-1960) und die Präsidentschaft der Bundesrechtsanwaltskammer (1959-1960). Waldeck war als Testamentvollstrecker der Reiß-Stiftung tätig und an der Mittelbereitstellung für den Wiederaufbau des Zeughauses beteiligt. Als Aufsichtsratvorsitzender war er in mehreren großen Industriebetrieben des Rhein-Neckar-Gebietes tätig. 1954 wurde er für seine Verdienste zum Ehrenbürger der Stadt Mannheim ernannt. Ein Jahr später erhielt Florian Waldeck durch den baden-württembergischen Landesjustizminister Hausmann das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Als weitere besondere Auszeichnung erhielt er 1955 die Schillerplakette der Stadt Mannheim.

Florian Waldeck übte zahlreiche Ehrenämter aus. Er war Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde Mannheims u. der ehemaligen Kurpfalz, die ihm die Neugründung zu verdanken hatte. Dieses Amt hatte er schon vor seiner Immigration ausgeübt, als sich die Vereinigung Altertumsverein hieß. Anknüpfend an sein geschichtliches Interesse, war er zwischen 1952 – 1960 Mitherausgeber der Zeitschrift: „Mannheimer-Hefte“. Er war u.a. Präsident des Rotary-Clubs, Vorsitzender des Montag-Clubs, im Vorsitz des Badischen Rennvereins tätig, Vorstand der deutsch-französischen Gesellschaft Ludwigshafen-Mannheim und der Kreisgruppe der UN-Gesellschaft. Die Wirtschaftshochschule Mannheim ernannte ihn zum Ehrensenator. Durch sein Heidelberger Jurastudium wurde er Verwaltungsratsmitglied der Vereinigung der Freunde der Studentenschaft der Universität Heidelberg und Mitglied des dortigen Universitätsbeirats. Besonders erwähnenswert ist seine Mitgliedschaft im Komitee der Förderer des Wiederaufbaus der Jesuitenkirche. Durch seine Beziehungen trug er maßgeblich zum Wiederaufbau des schwer beschädigten Kirchengebäudes bei. Sein Name befindet sich deshalb mit den anderen Förderern auf einer der Jesuitenkirchenglocken.

Dr. Florian Waldeck verstarb am 28. September 1960 in den städtischen Krankenanstalten Mannheim. Er erlag einer Trombose. Noch zwei Monate zuvor hatte ihn Bundeskanzler Adenauer zu einer Aussprache empfangen. Waldeck wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 01. Oktober 1960 auf dem Hauptfriedhof Mannheim beigesetzt. Zu den Trauergästen zählten Mannheims Oberbürgermeister Hans Reschke, Generalbundesanwalt Max Güde und Landgerichtspräsident Max Silberstein, der im Auftrag des Ministerpräsidenten Kiesinger kam. Nur wenige Wochen nach seinem Tode beschloss der Stadtrat den Vortragssaal im Reiß-Museum in „Florian-Waldeck-Saal“ umzubenennen. Seine Ehefrau Berta Waldeck verstarb am 24. Dezember 1964 im Alter von 74 Jahren in Mannheim. Sie war in vielen Vereinigungen an seiner Seite und führte diese in seinem Sinne fort.
Classification:Im August 2010 erfolgten eine Überarbeitung des ursprünglichen Findbuchs und eine Neuverpackung der Archivalien. Dabei wurde die ursprüngliche Nummerierung des Findbuchs (Nr. 1 bis Nr. 64) beibehalten. Diese Akten umfassen die Unterlagen, die direkt nach dem Tode von Florian Waldeck dem Archiv übergeben wurden. Die Aktenstücke handeln über die Tätigkeit als CDU-Stadtrat / CDU-Mitglied, den Vorsitz der Gesellschaft der Freunde Mannheims, die Tätigkeit im Theaterausschuss, die Mitgliedschaft in der Nordbadischen Vereinigung Südwest und das Komitee zum Wiederaufbau der Jesuitenkirche. Darunter befindet sich auch ein maschinenschriftliches Manuskript über den deutschen Diplomaten Theodor Bumiller aus dem Jahre 1917. Die Meisten der oben genannten Akten stammen jedoch aus der Zeit nach 1945. Die Akten Nur. 50, 52 und 59 fehlen im Bestand.

Die Aktenstücke Nr. 65 bis 79 sind dem Archiv nach Erstellung des „Schadtschen-Findbuchs“ übergeben worden und wurden bei der Überarbeitung mit aufgenommen. Besonders hervorzuheben sind dabei die Autographen-Sammlung und Exlibris die Florian Waldeck in seiner Jugendzeit angelegt hat. Er ordnete die Autogramme von Dichtern, Schriftstellern, Schauspielern, Schauspielerinnen, Sängern, Sängerinnen und Industriellen in 7 Alben. Das älteste Autogramm stammt aus dem Jahre 1889 und die neuesten Autogramme aus dem Jahre 1915. Die Sammlung enthält u. a. Unterschriften von: Thomas Mann, Enrico Caruso, Max Grube, Konrad von Hohenlohe-Schillingsfürst, Walter Rathenau, August Thyssen, Gustav Stinnes und Carl Opel. Das achte Album (Nr. 72) enthält Exlibris. Die Alben wurden am 16.04.1987 dem Stadtarchiv Mannheim übergeben und stammen aus den Beständen des Bundesarchivs. Die Aktenstücke Nr. 73 – 79 waren bisher unterverzeichnet. Sie erhielten eine Archivnummer und wurden verpackt. Diese Unterlagen enthalten größtenteils Aktenstücke über den Neubau des Nationaltheaters und über die Familie Bassermann (vgl. Akte Nr. 51).

Die Einzelbilder des Nachlasses kamen in die Bildsammlung und das Schriftgut wurde entmetallisiert.

Appraisal and destruction:Mit Florian Waldeck verlor Mannheim eine ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten. Der Waldeck-Nachlass ist deshalb von großer Bedeutung, da er zu den wenigen Mannheimer Politikern gehört die sich während der Weimarer Republik und nach 1945 engagierten. Der Nachlass dokumentiert die Tätigkeit von Waldeck nach dem 2. Weltkrieg. und bietet eine wichtige Quelle für eine umfassende Würdigung seines Lebenswerkes.

Mannheim im August 2010
Marius Golgath
Usage notes:Mit der Übernahme der Unterlagen im Jahre 1963 waren keinerlei Auflagen verbunden. Die Benutzung im Staatarchiv unterliegt daher nur den einschlägigen rechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen.
Comments:Nachlass trug ursprünglich die Signatur -/1963
Bundesland:Baden-Württemberg
Art der Institution mit Archivbeständen:Kommunale Archive
 

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Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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