NL Reiß, Wilhelm, 1838 (ca.)-1908 (Bestand)

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Title:NL Reiß, Wilhelm
Name of the creator / provenance:Die hier verzeichneten Papiere fanden sich bei den Ordnungsarbeiten am Nachlaß Carl und Anna Reiß. Sie waren 1921 vom Kolonialgeographischen Institut der Universität Leipzig Herrn Professor Föhner übersandt worden, der sie im April 1924 dem Stadtarchiv überwies.
Geschichte der Institution mit Archivbeständen:Johann Wilhelm Reiß wurde am 13.6.1838 in Mannheim geboren als Sohn des Großkaufmanns und späteren Oberbürgermeisters Gustav Friedrich Reiß (1802-1881) und dessen Ehefrau Wilhelmine Friederike geb. Reinhardt (1809-1868), wo er mit der zwei Jahre älteren Schwester Anna (1836-1915) und dem jüngerem Bruder Carl (1843-1914) aufgewachsen ist.

Mit seinen gleichaltrigen Vettern Eugen und Wilhelm Bassermann besuchte er zwei Jahre die Knabenschule "Bender" in Weinheim - offenbar 1849 bis 1851 - und absolvierte danach vom 1.10.1851-16.4.1855 die 4., 5. und 6. Klasse der Höheren Bürgerschule in Mannheim.

Für Juli und August 1855 ist noch der Besuch einer "Vorbereitungsschule" in Antwerpen bezeugt. Er begab sich dann auf eine Studienreise nach Italien, (Genua, Neapel, Florenz, Rom) wobei er offenbar den Maler Louis Coblitz begleiten durfte und die von Januar bis mindestens April 1856 gedauert haben muß. Wahrscheinlich seit August 1856 bis sicher Januar 1857 weilte er zu "Sucharbeiten" bei Bernkastel/Mosel mit C. Fahr.

Gegen den Wunsch seines Vaters, der aus seinem Ältesten lieber einen Kaufmann gemacht hätte, und trotz Augenbeschwerden, die seit 1855 immer wieder neu aufgetreten sind, begann er scheinbar erst jetzt ein Universitätsstudium. Während des Sommer-Semesters 1857 und des Winter-Semesters 1857/58 hatte er in Berlin Vorlesungen der Chemie, Palaeontologie, Krystallographie, Mineralogie, Geschichte der Physik, Erdkunde und Meteorologie belegt. Mindestens für das Sommer -Semester 1858 hat er dann die Universität Bonn bezogen.

Nach Briefen seines Vaters, die von April 1859 bis März 1860 datieren, unternahm er in dieser Zeit eine Forschungsreise, die ihn von Portugal (Lissabon) nach Madeira, den Azoren und Teneriffa geführt hat. Sie fand ihren Niederschlag in seinen beiden ersten Veröffentlichungen (Die Diabas- und Lavaformationen der Insel Palma, 1861, sowie Die Tertiären Schichten von Santa Maria Azoren, 1862). Seine ebenfalls 1862 erschienene Übersetzung aus dem Portugiesischen Die Steinkohlen - Gruben von S. Pedro da Cova in Cocello de Gondomar, Distrikt Porto, ist deshalb noch zu erwähnen, weil sie entsprechende Sprachkenntnisse voraussetzt . Seit spätestens Januar 1862 war er in Heidelberg "tief in Studien vergraben" und mit "Laboratoriumsarbeiten" beschäftigt. Am 1.3.1864 promovierte er dort mit "summa cum laude" zum Dr. phil..

Zur Beobachtung vulkanischer Ausbrüche erfolgte 1866 mit K. von Fritsch und Dr. A. Stübel eine Forschungsreise nach Santorin. Offenbar im Januar 1868 trat er - habilitiert und Privatdozent für Geologie an der Universität Heidelberg - mit A. Stübel seine erfolgreichste Südamerika-Reise an, von der er schwer erkrankt erst Anfang 1876 mit umfangreichem Material und bedeutenden Entdeckungen zurückgekehrt ist.

Als er 1877 endlich genesen ist, wählte er Berlin als Aufenthaltsort, wo er seine Forschungsunterlagen weiter ausgewertet und die Ergebnisse veröffentlicht hat. Im Dezember 1880 hielt er sich in der Türkei auf, im September des folgenden Jahres in Madrid. Am 30.01.1883 fand in Mannheim die Hochzeit mit Emilie Franciena geb. Wiederhold gesch. Kuipers statt, die er schon seit 1877 gekannt hatte. Die Ehe blieb kinderlos. In Begleitung seiner Frau scheint er Ende 1888 noch eine Reise nach Italien, Ägypten, Türkei und Griechenland durchgeführt zu haben.

September/November 1892 zog er sich auf sein Schloß Könitz/ i. Thüringen zurück , wo er sich weiterhin seinen geographischen, geologischen und ethnologischen Studien gewidmet hat.

Bei einem Jagdausflug verunglückte Wilhelm Reiß am 29.9.1908 tödlich.

Unter Signatur 4 befindet sich ein Verzeichnis mit seinen "Veröffentlichungen, Kritiken, Berichten und Vorträgen" von 1861-1906 und von denen hier nur die beiden Prachtwerke über "Das Totenfeld von Acon in Peru", Berlin 1880-1886, sowie "Kultur und Industrie südamerikanischer Völker", Berlin 1889/90 , genannt werden.

Wilhelm Reiß gehörte schon seit seiner Studienzeit als Mitglied (Sign. 3) und später auch als Ehrenmitglied mehreren deutschen und verschiedenen ausländischen wissenschaftlichen Gesellschaften an (Sign. 8). 1885-1887 war er Vorsitzender der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin und 1888 Vorsitzender der Berliner Antropologischen Gesellschaft.

Noch während seines Südamerika-Aufenthalts war er am 2.6.1871 mit dem Ritterkreuz I. Klasse vom Zähringer-Löwen-Orden ausgezeichnet worden, zu dem er am 4.10.1887 noch das Eichlaub erhielt. Mit der Verleihung des Roten-Adler-Ordens III. Klasse am 24.3.1879 und der Ernennung zum preußischen Geheimen Regierungsrat vom 4.9.1892 erkannte auch der preußische König, Kaiser Wilhelm II., die Verdienste von Wilhelm Reiß an, der der Typ eines von starkem Willen getriebenen und mit großem Fleiß arbeitenden Privatgelehrten der Wilhelminischen Ära gewesen zu sein scheint.
Classification:Die Dokumente betreffen hauptsächlich den persönlichen Werdegang und die wissenschaftliche Tätigkeit des Forschungsreisenden Wilhelm Reiß, auch seine wirtschaftliche Situation (Signatur 11). Die Korrespondenz umfaßt hauptsächlich Schreiben von seinen Eltern und Geschwistern sowie Briefe von ihm selbst an seinen Vater Friedrich Reiß (Signatur 27). Bemerkenswert ist ferner ein Schreiben des späteren badischen Ministers Moritz Ellstätter (Signatur 17) . Der Bestand wurde 1972 von Herrn Wirkner und Herrn Teutsch verzeichnet. Dabei wurde ein Orden oder Abzeichen in die Münzen- und Medaillensammlung überwiesen.
Comments:Literatur:

1. Brockhaus 'Konversationslexikon, 14. Auflage, Band 13, 1903, S. 755

2. Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog Bd. XIII. , 1908, 1910

3. Meyers Lexikon, 7. Auflage, Band 10, 1929, Spalte 135 mit Literaturangabe: Hans Meyer, Wilhelm Reiß [in] Mitteilungen der Gesellschaft für Erdkunde Leipzig, (1910)

4. Meyers Lexikon, 8. Auflage, Band 9, 1942, Spalte 273"

Mannheim, im März 1973
Dr. Schadt

Nachtrag: Nachlaß Friedrich Walter, vorl. Sign. 267

Bundesland:Baden-Württemberg
Art der Institution mit Archivbeständen:Kommunale Archive
 

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Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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