AV1867 Bermudafunk GRENZENLOS: Sendung "Angeborener Schwachsinn bei den Nazis", 2009 (Audiovisuelle Sammlung)

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Title:Bermudafunk GRENZENLOS: Sendung "Angeborener Schwachsinn bei den Nazis"
Ref. code:AV1867
Ref. code AP:AV1867
Originalmedium:nur digital vorhanden
Datumsbemerkung:15.03.2009
Creation date(s):2009
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Das Thema dieser Sendung ist der angeborene Schwachsinn bei den Nazis. Während der Nazidiktatur glaubte man den angeborenen Schwachsinn mittels so genannter Intelligenzprüfbögen feststellen zu können. Was es damit auf sich hat, ist Thema dieser Sendung. Doch zuvor etwas Musik.

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 01

Der Arbeitskreis Justiz und Geschichte im Nationalsozialismus in Mannheim e.V. hat in den Akten des General-Landes-Archiv in Karlsruhe und im Stadtarchiv der Stadt Mannheim recherchiert. Dort hat der Verein in den Akten des Mannheimer Erbgesundheitsgerichtes recherchiert. Die Erbgesundheitsgerichte und die staatlichen Gesundheitsämter wurden von den Nazis extra zur Umsetzung des ersten Rassegesetzes eingerichtet. Der Bermudafunk hat darüber schon mehrmals berichtet.
Ziel dieses ersten Rassegesetzes vom 14. Juli 1933 war es, so genannte erbkranke Menschen zwangsweise zu sterilisieren. Die meisten Zwangsterilisierungen wurden aufgrund der Diagnose „angeborener Schwachsinn“ angeordnet.

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 02

Wir wollen hier anhand der Akten aufzeigen, wie der so genannte angeborene Schwachsinn damals diagnostiziert wurde.
Um bei einer Person den Grad des vermeintlichen Schwachsinns festzustellen, benutzte der Amtsarzt im Gesundheitsamt den Intelligenzprüfbogen. Dieser Intelligenzprüfbogen war bei vielen Beschlüssen des Erbgesundheitsgerichtes die Grundlage.
In dem Buch „Blutschutz – und Ehegesundheitsgesetz“ von Gütt – Linden – Maßfeller wird auf Seite 80 geschrieben:

Zitat:
„Intelligenzausfälle sind verhältnismäßig leicht durch Intelligenzprüfungen, für die sich verschiedene Verfahren herausgebildet haben, festzustellen. Zeigen sich bei der Prüfung bereits deutlich erkennbare erhebliche Ausfälle, so ist ohne weiteres die Diagnose „Schwachsinn“ gegeben. In solchen Fällen ist daher die Unfruchtbarmachung zu beantragen und die Ehe regelmäßig verboten“

Um die Fadenscheinigkeit dieses Instruments „Intelligenzprüfbogen“ zu erkennen, müssen wir kurz in die Geschichte eintauchen.
In dem Buch „Der falsch vermessene Mensch“ von Stephen Jay Gould lesen wir

Zitat:
„Messen und Klassifizieren sind konstruktive Elemente von Wissenschaft. Sie gehören zu den Garanten von Objektivität. Doch Wissenschaft ist, wie jede andere menschliche Tätigkeit, Handeln in der Gesellschaft. Die Zahlen und Ergebnisse, die die Wissenschaft hervorbringt, sind auch Ausdruck der zeitgenössischen Kultur. Außerdem spiegeln sie die Vorurteile der Wissenschaft wider.
Die Messung der menschlichen Intelligenz fing mit buchstäblichen Schädelmessungen im 19. Jahrhundert an und ist zur Messung des Intelligenzquotienten „fortgeschritten“. Diese moderne Verdinglichung von Intelligenz führte zu einer subtilen, allumfassenden und falschen Beurteilung nach Rasse, Schicht und Geschlecht: die Unterschiede zwischen den Menschen seien hauptsächlich auf das Erbgut zurückzuführen, die biologische Ausstattung sei schicksalsbestimmend. Erst wenn man die Entstehungsgeschichte betrachtet und die Daten auf denen die so genannte Intelligenzmessung beruhen, deckt man den Kardinalfehler dieser Theorie auf.“

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 03

Alfred Binet war der Direktor des psychologischen Laboratoriums an der Sorbonne. Er lebte von 1857 bis 1911. Als er sich entschloss, die Messung von Intelligenz zu untersuchen, wandte er sich selbstverständlich der bevorzugten Methode seines ausgehenden Jahrhunderts zu. Er begann die Arbeiten seines großen Landsmannes Paul Broca zu studieren.

Zitat:
„Die Beziehung zwischen der Intelligenz von Messpersonen und dem Volumen ihres Kopfes…ist sehr real und ohne Ausnahme von allen methodisch vorgehenden Forschern bestätigt worden…“

In den folgenden drei Jahren veröffentlichte Binet neun Aufsätze über Schädelmessungen in „L’Année psychologique“. Diese Zeitschrift wurde von ihm 1895 gegründet. Im Laufe der Zeit kamen Binet jedoch Zweifel an Brocas Lehre.

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 04

Paul Broca war also der Lehrmeister von Alfred Binet.

Wer war dieser Paul Broca?

Paul Broca war der bedeutendste Wissenschaftler seiner Zeit, der sich mit Schädelmessungen beschäftigte. Mit Schädelmessungen um aus der Größe des Hirnes eines Menschen die jeweilige Intelligenz ableiten zu können.
Um diesen Lehrmeister besser einschätzen zu können, sei eine Begegnung mit seinem Landsmann Gratiolet erwähnt. Der Franzose Gratiolet hielt Broca vor, dass die deutschen Hirne durchschnittlich 100 g schwerer seien und damit die Deutschen entsprechend klüger.

Für den Franzosen Paul Broca war das eine nationale Herausforderung. Es konnte doch nicht sein, was nicht sein durfte und er machte sich an die Arbeit. Er wandte alle Kniffe seiner Kunst an, konnte jedoch die letzten paar Gramm nicht erklären.
Doch dann kam ihm die Erleuchtung: Die Deutschen seien größer als die Franzosen, daher müsse auch das Gehirn der Deutschen schwerer sein und damit nicht intelligenter. Das war die Lösung.
Stolz veröffentlichte Broca sein Ergebnis. Das Gehirn der Franzosen sei bereinigt, d.h. hochgerechnet sogar größer als das der Deutschen.
Als er bei einem Vergleich von männlichen und weiblichen Hirnen darauf stieß, dass die männlichen im Durchschnitt größer seien als die weiblichen, wollte er diesmal den Größenunterschied von Frauen und Männer nicht berücksichtigen den der Wissenschaftler Tiedemann vorschlug.

Zitat:
„Wir können fragen, ob die Kleinheit des Frauenhirns ausschließlich mit ihrer geringen Körpergröße zu tun hat. Tiedemann hat diese Erklärung vorgeschlagen. Doch dürfen wir nicht vergessen, dass Frauen im Durchschnitt ein bisschen dümmer sind als Männer, ein Unterschied, den man nicht übertreiben sollte, der aber nichtsdestoweniger real ist. Es ist uns daher die Annahme gestattet, dass die relative Kleinheit des Frauenhirns zum Teil von ihrer körperlichen Unterlegenheit und zum Teil von ihrer geistigen Unterlegenheit herrührt.“

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 05

Alfred Binet wandte sich nach drei Jahren intensiver Forschung von der Lehre des Paul Broca wieder ab. In seinen eigenen Messungen konnte er keinen Zusammenhang von Hirnvolumen und der Intelligenz finden, die Unterschiede waren zu gering.

1904 wurde Binet vom französischen Erziehungsminister beauftragt, eine Untersuchung für einen ganz bestimmten praktischen Zweck durchzuführen. Er sollte ein Verfahren zur Ermittlung solcher Kinder entwickeln, deren schlechtes Abschneiden im Normalunterricht auf die Notwendigkeit irgendeiner Form von Sonderschulung schließen ließ.
Binet entschied sich für einen Intelligenztest mit unterschiedlichen Fragen aus dem Alltag, z.B. Münzen zählen und Beurteilung, grundlegende Denkprozesse sollten im Test abgefragt werden wie Ordnen, Verstehen, Erfinden und Korrigieren. Erlernte Fähigkeiten wie Lesen sollten nicht explizit behandelt werden.
Geschulte Prüfer führten die Testpersonen durch die nach Schwierigkeitsgrad gestaffelte Reihe von Aufgaben. Binet hoffte durch Vermischen von genügend Tests verschiedener Fähigkeiten in der Lage zu sein, das allgemeine Potential eines Kindes aus einer einzigen Zahl zu abstrahieren. Binet hob den empirischen Charakter seiner Arbeit mit einem berühmten Ausspruch hervor.

Zitat:
„Man könnte fast sagen, es zählt sehr wenig, was für Tests es sind, solange es nur viele sind.“

1908 stellte Alfred Binet das Kriterium auf, das seither bei der Messung des so genannten Intelligenzquotienten benutzt wird. Er beschloss, jeder Aufgabe eine Altersstufe zuzuweisen, die definiert war als das jüngste Alter, in dem ein Kind von normaler Intelligenz in der Lage sein müsste, die Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.
Mit der geringsten Altersstufe wurde angefangen und so lange gefragt, bis die höchste Alterstufe, die noch fehlerfrei bewältigt werden konnte, erreicht war. Diese höchste Stufe entsprach dann der geistigen Alterstufe des Kindes. Wenn man die Altersstufe durch das Alter des Kindes dividierte, hatte man den Intelligenzquotienten oder auch IQ genannt, ermittelt.
Binet weigerte sich immer wieder anzuerkennen, dass diese Tests die angeborene Intelligenz eines Menschen messen würden. Stattdessen war er der Auffassung, dass ein Testergebnis nur eine grobe empirische Anleitung für einen begrenzten praktischen Zweck darstelle.

Zitat:
„Die Skala gestattet eigentlich nicht, die Intelligenz zu messen, weil intellektuelle Eigenschaften nicht übereinander gelegt werden können und daher nicht wie ebene Flächen messbar sind.“

Außerdem sei diese Zahl nur ein Durchschnitt zahlreicher Einzelergebnisse und keine Wesenheit für sich. Die Intelligenz, erinnert uns Binet, ist keine einfältige, skalierbare Sache wie die Körpergröße. 1911 warnt Alfred Binet:

Zitat:
„Wir halten es für erforderlich, diese Tatsache zu betonen, weil wir später zur Vereinfachung der Aussage davon sprechen werden, dass ein Kind von acht Jahren die Intelligenz eines Kindes von sieben oder neun Jahren hat; diese Äußerungen können, wenn sie beliebig akzeptiert werden, Illusionen wecken.“

Alfred Binet hatte auch ein gesellschaftspolitisches Motiv für seine Zurückhaltung. Er hatte die große Befürchtung, dass dieses praktische Werkzeug, wenn es als Wesenheit verdinglicht würde, pervertiert und als unauslöschliches Etikett verwendet werden könnte. Dies anstatt als Anleitung zum Herausfinden von Kindern, die hilfsbedürftig waren.

Binet bestand auf der Anwendung seiner drei Hauptprinzipien:

Die Punktezahlen sind ein praktisches Hilfsmittel.
Sie untermauern keine Theorie geistiger Fähigkeiten.
Sie definieren nichts Angeborenes oder Dauerhaftes.

Die Skala ist aus Sicht von Binet eine grobe empirische Anleitung zum Herausfinden leicht zurückgebliebener und lernbehinderter Kinder, die besonders hilfsbedürftig sind.
Ganz gleich, wo die Ursache der Schwierigkeiten der als hilfsbedürftig erkannten Kinder liegt, sollte die Betonung auf Besserung durch Sonderschulung gelegt werden.

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 06

Alle von Alfred Binet formulierten Einschränkungen wurden später missachtet und seine Absichten entstellt. Dies nicht nur von den amerikanischen Theoretikern der so genannten „vererblichen Intelligenz“, sondern in besonders verwerflicher Weise von den Nationalsozialisten im so genannten „Dritten Reich“.

Die Nazis bedienten sich des nach ihren eigenen Gesichtspunkten ausgestalteten Testes, um den Anschein von Objektivität zu wahren. Heute, in unserer modernen vom Computer beherrschten Welt, gibt es einen sehr schönen Spruch. Er lautet: „Garbage in, garbage out“ und bedeutet soviel wie: „Wenn man Blödsinn in einen Computer eingibt, kommt auch nur Blödsinn heraus“. Wenn man das Wort Computer durch das Wort Intelligenzfragebogen ersetzt, merkt man wie wahr dieser Spruch ist.

Wir, der Arbeitskreis Justiz in Mannheim haben im Generallandesarchiv in Karlsruhe viele der so genannten Intelligenfragebögen gelesen und möchten an zwei Exemplaren zeigen, wie verballhornt diese Fragebögen waren. Was hier mit den Fragebögen bewiesen wurde, war die Voreingenommenheit der Amtsärzte in den Gesundheitsämtern.
Wir haben die schriftlich vorliegenden Fragen und Antworten nachgesprochen. Es handelt sich um eine Fragesituation in der eine einfache junge Frau von dem Mannheimer Amtsarzt Dr. Kress in die Mangel genommen und „getestet“ wird. War sie angeboren Schwachsinnig? Urteilen Sie selbst!

Zuerst wurde die Orientierung geprüft. Auf die Frage von Dr. Kress „Wo sind Sie zu Hause?“ antwortet die junge Frau „Daheim“. Und auf die Frage „Wer sind die Leute in Ihrer Umgebung?“ antwortete die junge Frau „Noch viele Leute“. Diese für Dr. Kress falsche Antworten zeigten dem Medizinalrat Dr. Kress, dass die junge Frau „schwachsinnig“ sein müsse.

Dann wurde das Schulwissen geprüft.
Hören wir uns die Befragung an.

„Heimatort? Mannheim

Zu welchem Lande gehörig? Deutschland

Hauptstadt von Deutschland? Karlsruhe

Hauptstadt von Frankreich? (keine Antwort)

Wer war Luther? Hat die griechische Bibel ins
Deutsche übersetzt

Wer war Bismarck? Ein berühmter Mann

Welche Staatsform haben wir jetzt? Dritte Reich

Wer hat Amerika entdeckt? Columbus

Wann ist Weihnachten? Am 24. Dezember

Was bedeutet Weihnachten? Dass Christus gebohren ist

Was bedeutet Ostern? Auferstehung Jesu

Wieviel Wochentage? 7

Aufzählen, vor- und rückwärts? Montag, Dienstag, Mittwoch,
Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag Sonntag Samstag, Freitag, Donnerstag, Mittwoch, Dienstag, Montag

Wie viel Monate? 12

Aufzählen, vor- und rückwärts? Januar, Februar, März, April, Mai,
Juni, Juli, August, September, Oktober, November, Dezember
Dezember, November, Oktober, September, August, Juli, Juni, Mai, April, März, Februar, Januar

Wie viel ist 7 x 9 63
51 – 16 35
17 + 32 49
12 x 13 156
62 – 19 43
23 + 45 68
10 : 2 5
81 : 3 27

Bei den folgenden Aufgaben: Wie groß ist x?
x – 3 = 14 17
x + 9 = 63 54
x + 5 = 16 11
x : 8 = 5 40

300 RM zu 3% in 3 Jahren
Wie viel Reichsmark sind die Zinsen 27

6 Arbeiter brauchen zu einer Arbeit 3 ½ Stunden.
Wie lange brauchen 3 Arbeiter? 7

Wenn 1 ½ Pfund 15 Pfennige kosten,
wie viel kostet 7 Pfund? 1,5 Mark“

Dann wurde das allgemeine Lebenswissen abgefragt.
Hören wir auch diesem Test zu.

„Wo geht die Sonne auf? Hinter den Bergen

Warum wird es Tag und Nacht? Weil die Erde sich dreht

Warum baut man Häuser in der
Stadt höher als auf dem Lande? Weil da mehr Leute wohnen

Was versteht man unter dem
Kochen des Wassers? Wenn’s Wellen schlägt

Warum darf man Feuer nicht
abschließen, wenn es brennen soll? Damit’s Luft hat

Warum gehen die Kinder in
die Schule? Damit sie was lernen

Wozu sind die Gerichte da? Um zu richten

Geldsorten? Franken und Deutsches Geld

Was kostet jetzt die
Beförderung von Postsachen? Brief 8 und Postkarte 3 Pfennige

Preise von Lebensmitteln? Brot 50 Pfennige, Mehl 22 Pfennige, Milch 26 Pfennige

Unterschied zwischen:

Irrtum – Lüge Irrtum ist wenn man sich irrt, Lüge ist wenn man lügt

Borgen – Schenken? Borgen, wenn man was holt ohne
Geld.,
Schenken, da schenkt man
jemand was

Geiz – Sparsamkeit? Geiz gönnt dem anderen nichts,
Sparsamkeit gibt kein unnötiges
Geld aus

Rechtsanwalt – Staatsanwalt? Staatsanwalt für den Staat,
Rechtsanwalt für die Person

Treppe – Leiter? Treppe ist im Hausgang, die Leiter
für sonstige Gegenstände

Teich – Bach? Teich und Bach sind gleich“

Jetzt wurden die speziellen Fragen aus dem Beruf abgefragt.
Hören wir zu.

„Satz aus drei Worten bilden:

Jäger – Hase – Feld? Der Jäger schießt den Has und
das Feld dabei

Soldat – Krieg – Vaterland? Der Soldat regiert den Krieg fürs
Vaterland

Frühling – Wiese – Blumen? Der Frühling bringt die Blumen auf
die Wiese

Schule – Bildung – Leben? Die Schule beginnt zur
Weiterbildung des Lebens

Geschichte vom Salzesel? (keine Antwort)

Hunger ist der beste Koch? (keine Antwort)

Lügen haben kurze Beine? Daß nicht weit her ist

Der Apfel fällt nicht weit
vom Stamm? Ein Mensch, der nicht gut ist,
kommt nicht weit

Unrecht gut gedeiht nicht? (keine Antwort)“

Als nächstes werden die sittlichen Allgemeinvorstellungen geprüft.

„Warum lernt man? Daß man im Leben was weiß und
kann

Warum und für wen spart man? Für die Eltern und für sich selbst,
dass man was davon hat

Weshalb darf man auch sein
eigenes Haus nicht anzünden? Weil man selbst drin wohnt

Was darf man mit gefundenen
5 – 20 – 500 Reichsmark machen? Auf die Polizeiwache bringen

Wie denken Sie sich Ihre Zukunft? Schlecht

Was würden Sie tun, wenn Sie
das große Los gewönnen? Das weiß ich jetzt noch nicht

Was ist Treue, Frömmigkeit,
Ehrerbietung, Bescheidenheit? Treue ist wenn man treu bleibt, Frömmigkeit ist wenn man fromm ist, Ehrerbietung ist wenn man jemand die Ehre gibt, Bescheidenheit ist wenn man bescheiden ist und weiß über etwas Gutes zu sagen

Was ist das Gegenteil von Tapferkeit? Das Gegenteil ist faul“

Jetzt wurde die 7. Gruppe abgefragt. Sie umfasst Gedächtnis und Merkfähigkeit.

„Merken Sie sich die Zahl 1849!

Welche Geschichte habe ich
Ihnen erzählt? Die Geschichte vom Salzesel.
Es war einmal… (immer leiser)
Erzählt die Geschichte ungefährrichtig aber ohne die Pointe
verstanden zu haben!

Welche Zahl sollten Sie sich merken? 1849

Sprechen Sie nach und
merken Sie folgende Worte:
Haus – Tür, Hut – Kopf,
Herz – Schmerz, Blei – Arzt Haus, Schmerz Blei Arzt

Worüber haben wir uns
unterhalten? Viel, das weiß ich nicht mehr alles

Welche Zahl sollten Sie
sich merken? 1849

Welche Worte sollten Sie
sich merken? Haus Schmerz Blei Arzt“

Der Abschluss des Intelligenzprüfbogens bildete die 8. Gruppe, und zwar das Verhalten bei der Untersuchung. Das Verhalten in bezug auf
Haltung, Augen, Mimik, Stimme, Aussprache, Wortfolge, Promptheit der Antwort, Zugänglichkeit, Anteilnahme an der Unterhaltung usw.
Dr. Kress führt in seiner Beurteilung aus:

„Sitzt gleichgültig auf dem Stuhl. Verfolgt aufmerksam aber ohne Interesse der Unterhaltung. Antwortet rasch oft ziemlich unüberlegt. Dann ist sie auch wieder etwas gehemmt, antwortet gar nicht sobald das Gespräch auf ihr unangenehme Dinge kommt“

Die junge ledige Frau wurde vom Mannheimer Erbgesundheitsgericht unter Vorsitz von Amtsgerichtrat Dr. Mackert gerade aufgrund dieses Intelligenzfragebogens für angeboren Schwachsinnig befunden und im Alter von 21 Jahren zwangssterilisiert. Gleichzeitig wurde zwangsweise eine Schwangerschaftsunterbrechung eingeleitet.
Die Operation wurde am 31. Januar 1935 in den Mannheimer Krankenanstalten (heute Klinikum) durchgeführt.

Der erste ärztliche Bericht vom 26. März 1935 lautete:

Zitat:
„ Am 31. Januar 1935 unfruchtbar gemacht. Eileiter gequetscht und mit Seidenfaden unterbunden. Gleichzeitig Unterbrechung bestehender Schwangerschaft von 3 – 4 Wochen. Nachinsuffizienz macht am 7. Tag Sekundärnaht erforderlich, die nur sehr langsam heilte. Am 26. März 1935 als geheilt entlassen. Operateuer war Prof. Holzbach“

In den Akten fand sich dann auch noch ein zweiter ärztlicher Bericht vom 31. Mai 1937, also über zwei Jahre später. Der Bericht wird von dem Assistenzarzt Dr. Höppner an den Amtsarzt im Gesundheitsamt in der Renzstraße geschickt.

Zitate von Auszügen:
„Am 13. Mai 1937 unfruchtbar gemacht, beide Tuben keilexeidiert… ferner ist mit Einwilligung des staatlichen Gesundheitsamtes Mannheim am 13. Mai 1937 die Schwangerschaft unterbrochen worden.
Gezeichnet Städtisches Krankenhaus Mannheim.“

Ob Professor Holzbach bei der ersten Operation wissentlich einem Kunstfehler beging, ist nicht mehr festzustellen. Historisch belegt ist jedoch, dass Prof. Holzbach mit den Methoden der Nazis nicht einverstanden war. Aber er war auch nicht dagegen, er war ein Mitläufer.

Jedenfalls wurde diese unglückliche junge Frau zweimal sterilisiert und ihre jeweils bestehende Schwangerschaft zwangsweise unterbrochen.

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 07

In einem anderen Fall wurde ein junger Mann vom Amtsarzt befragt. Bei den Rechenaufgaben machte er keinen einzigen Fehler. Bei den anderen Fragen konnte er leider nicht überzeugen.
Dass er die Rechenaufgaben fehlerfrei löste, war für den Amtsarzt leicht zu erklären. Der junge Mann habe die Antworten wahrscheinlich vorher auswendig gelernt. Der junge Mann wurde deshalb durch Beschluss des Erbgesundheitsgerichtes Mannheim zwangssterilisiert.

Auch eine schlagfertige Antwort auf die gestellten Fragen wurde nicht honoriert. Die junge Frau war 28 Jahre alt und im 5. Monat schwanger. Der Amtsarzt fragte sie warum sie denn schon wieder schwanger sei, sie habe doch schon vier Kinder von drei verschiedenen Vätern. Die junge Frau war bei der Befragung völlig unbefangen und antwortete: „Nur Huren kriegen keine Kinder“.
In ihrem amtsärztlichen Gutachten vom 13. November 1934 steht:

Zitat:
„Lautes Wesen, forsche und laute Sprechweise, macht im Ganzen etwas frechen Eindruck. Kein Anzeichen geistiger Erkrankung, dagegen Schwachsinn in moralischer Hinsicht. Hat nicht das mindeste Befinden von Unmoralität jedes Jahr ein Kind von einem anderen Vater zu bekommen.“

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 08

Auch heute noch spuken in den Köpfen der Unverbesserlichen Muster von Intelligenzfragebögen herum. Menschen mit außergewöhnlich hohen Intelligenzquotienten geben unumwunden zu, dass der Quotient im Laufe der Zeit stieg. Je mehr Tests sie gemacht hätten, umso besser schnitten Sie dabei ab.

Wenn in einem so genannten Intelligentest alle erlernbaren Antworten auf entsprechende Fragen fehlen würden weil sie ja ungültig sind, würde dann endlich die Intelligenz gemessen werden? Und wie würde dann der Test bei Menschen aus anderen Kulturkreisen wirken, wenn man denen diesen Test vorlegen würde? Wahrscheinlich würde festgestellt werden, dass es keine Intelligenzen in anderen Kulturkreisen gäbe, denn sie könnten ja noch nicht einmal eine einzige Frage beantworten! Warum? Können Sie einen Intelligenztest auf chinesisch beantworten und ausfüllen?

Man würde sie für minderwertig und angeboren Schwachsinnig halten.
Was sind doch unsere Unverbesserlichen für kluge Leute so etwas sofort mit Hilfe eines Intelligenztests erkennen zu können!
Aber nun im Ernst! Noch heute werden solche Tests tatsächlich durchgeführt und die Prüfer glauben noch immer daran, dass sie die Intelligenz messen können. Vor Jahren geisterte eine junge Frau durchs Fernsehen, deren IQ über 160 lag. In der Talkshow gab sie dann zu, alle Testfragen zu kennen. Sie sei schon über 50 mal getestet worden und sie gab zu von Test zu Test immer besser geworden zu sein.
Glauben Sie immer noch, dass man Intelligenz messen kann?

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 09

Sie hörten die Sendung „Der angeborene Schwachsinn bei den Nazis“.

Musik Django Reinhardt CD 1, Track 10

Absage komplett mit KR NEU
Produktionsbeteiligte:Bermudafunk
Playing time:1:00:00
Ton:nur
Comments:Das von der Lfk geförderte Projekt „Grenzenlos“ startete im Dezember 2006 und vereint im Freien Radio die Zusammenarbeit von Jung und Alt mit dem Engagement gegen Rassismus und Faschismus. Ein Team aus Menschen unterschiedlicher Generationen trifft sich seither regelmäßig um die Durchführung der geplanten Sendungen zu besprechen und diese zu realisieren.
Das Radioprojekt Grenzenlos konnte die grundlegenden Projektziele – die generationsübergreifende Zusammenarbeit und die inhaltliche Arbeit innerhalb des Themenkomplexes Antirassismus / Antifaschismus – erreichen:
Verschiedene Generationen waren sowohl innerhalb der Arbeitsgruppen als auch innerhalb des Kreises der ProjektbetreuerInnen vertreten. Die Zusammenarbeit innerhalb intergenerativer Arbeitsgruppen hat sich sowohl als spannende Grundbedingung gemeinsamer Arbeit herausgestellt als auch als Bereicherung was die Erfahrungshorizonte, die subjektive Sichtweise auf die gemeinsam zu erarbeitenden Themen und inhaltliche Kenntnisse angeht.
Das Themenspektrum der bis April 2008 sechzehn produzierten Grenzenlos-Sendungen entspricht mit der Beschäftigung mit Fragen der Migration und Integration, mit der neuen Bleiberechtsregelung für AsylbewerberInnen oder mit der Aufarbeitung regionaler nationalsozialistischer Geschichte den Vorgaben des Rahmens „Antirassismus / Antifaschismus“.
Aber auch die Projektziele der Vermittlung von Wissen über das „Radiomachen“ und die Vernetzung und Multiplikation in der Region konnten erreicht werden:
Die Projektteilnehmenden wurden in alle Phasen der Sendungsgestaltung mit einbezogen, so konnten alle Einblick in die vielfältigen Vorgänge erhalten, die für die Produktion einer Radiosendung notwendig sind. Von redaktionellen Tätigkeiten über Audioschnitt bis hin zur Studiotechnik konnten die TeilnehmerInnen somit Neues lernen. Grenzenlos konnte aber nicht nur verschiedene Generationen in einem Projekt vereinen, sondern auch verschiedenste regionale, ehrenamtliche und professionelle Initiativen und Gruppen, die in einen aktiven Prozess des inhaltlichen Austausches integriert werden konnten!
Zugehörige Versionen:AV1867-1
Conditions of access and use:GEMA Einschränkungen, dazu Aktenvermerk einsehen unter 16.41.06/1/2016
Aktenzeichen1:16.41.06/1/2016
Angaben zum Erwerb:Schenkung Klaus Penner, 2016
 

Usage

Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

URL for this unit of description

URL: https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=1334508
 

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