Tulla-Gymnasium, 1841-1990 (Bestand)

Archive plan context


Title:Tulla-Gymnasium
Name of the creator / provenance:Der hier vorliegende Bestand kam dank einer Initiative von Herrn Peter Plachetka, dem Vorsitzenden des Mannheimer Architektur- und Bauarchivs, am 13.11.93 ins Stadtarchiv. Er konnte den ehemaligen Leiter Dr. Karlheinz Haas davon überzeugen, die im Elisabeth-Gymnasium zwischengelagerten Unterlagen dem Stadtarchiv zu übergeben. Damit erfüllte sich, wenn auch verspätet, die dem Stadtarchiv gemäß einer Vereinbarung mit dem Generallandesarchiv Karlsruhe seit 1987 zustehende Kompetenz für das Archivgut der Mannheimer Schulen.
Geschichte der Institution mit Archivbeständen:Zwei Traditionsstränge des Tulla-Gymnasiums können unterschieden werden:

a) Zum einen geht das Gymnasium, das seinen Betrieb mit Schuljahresende 1989/90 einstellen musste, zurück auf die 1888 selbstständig gewordene Realschule Mannheim, die 1896 zur Oberrealschule erweitert wurde. 1901 bezog sie ihr Schulhaus in der Tullastraße 25. Dieser Bau diente bis zuletzt als Domizil der Mannheimer Oberrealschule (ab 1928: Tulla-Oberrealschule, ab 1933 Tulla, Oberschule für Jungen) und ihrer Nachfolgeinstitutionen. So beherbergte das Gebäude in den schwierigen Nachkriegsjahren ab 1946 die Vereinigten Realgymnasien (Goethe-/Lessing-/Moll-/Tulla-Schule), die im Sept. 1947 organisatorisch in Tulla-Realgymnasium und Lessing-Gymnasium getrennt wurden, aber bis 1956 im selben Schulhaus blieben. Erst ab 1954 lautete die offizielle Bezeichnung der Schule dann Tulla-Gymnasium.

b) Der ältere Traditionsstrang reicht bis in das Jahr 1840 zurück, als primär für die Söhne der Mannheimer Kaufleute und Handwerksmeister eine (Höhere) Bürgerschule gegründet und am 19. Okt. 1840 eröffnet wurde. Anknüpfend an jahrzehntelange Bestrebungen hatte damit das liberale Großbürgertum Mannheims (Adam von Itzstein, Leopold Ladenburg, Friedrich Daniel Bassermann) ein wesentliches Ziel erreicht. Für sie, die liberale Opposition, war diese Schule Ausdruck eines sich Kunst, Kultur und Wissenschaft öffnenden städtischen Gemeinwesens. In den 60er Jahren, im Zeichen des badischen „Kulturkampfes“, gelang ein weiteres: per großherzoglichem Dekret wurde die Schul 1869 in ein Großherzogliches Gymnasium umgewandelt. Das Reifezeugnis dieser Schule wurde durch Erlass vom 22.7.1905 dann voll anerkannt. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Schule in Badisches Realgymnasium I umbenannt, im Dritten Reich firmierte sie ab Sept. 33 als Badisches Adolf Hitler-Realgymnasium, ab Sept. 1937 als Adolf Hitler-Schule, nach dem Kriege dann kurzfristig (bzw. posthum) als Goethe-Schule. Das Großherzogliche Realgymnasium bzw. das spätere Bad. Realgymnasium I hatte seinen Standort seit 1851 in N 6,4a, dann ab 1901 am Friedrichsring, dessen imposantes Gebäude, 1891/93 erbaut, 1943 ein Opfer des Krieges und 1954 endgültig abgerissen wurde.

Mit Einzug in das Gebäude Tullastraße 25 wurde 1901 eine sogenannte Reform-Realschule als eigene Abteilung angeschlossen, aus der 1907 die Lessing-Schule, das spätere Lessing-Gymnasium hervorging. 1922 spaltete sich die Realschule Mannheim-Feudenheim, 1925 die Moll-Realschule ab.
Konnte 1976 das Tulla-Gymnasium noch voller Stolz sein 75jähriges Jubiläum seit Einzug in das Gebäude Tullastraße 25 feiern und darauf verweisen, zeitweise das größte Gymnasium in Baden zu sein (1969: 1300 Schüler), so machten bald schon infolge des dramatischen Schülerrückgangs in den 80er Jahren erstmals Gerüchte über eine mögliche Schließung die Runde. Anfang 1984 (484 Schüler) teilte der damalige Erste und Schulbürgermeister Manfred David noch mit, „dass von Seiten der Verwaltung vorerst keine Überlegungen zur Schließung weder des Tulla-Gymnasiums noch eines anderen Gymnasiums angestellt werden.“ Doch kam um die Jahreswende 1989/90 das Aus. Bürgermeister Lothar Mark sah angesichts der nach wie vor zu geringen Schülerzahlen keine Möglichkeit, das Gymnasium zu retten. Die im Gemeinderat, wie in der Öffentlichkeit einsetzende Diskussion, begleitet von Schülerdemonstrationen in Mannheim („Lothar Mark, mach’ kein Quark“, am 9.1.90 im Treppenhaus des Rathauses ) und Stuttgart (am 7.2.90), dem sammeln von Unterschriften, ja sogar symbolische Aktionen wie Menschenketten um das Gebäude, konnte die Schließung nicht verhindern. Bereits am 20. Febr. 1990 stimmte der Gemeinderat, trotz anhaltender Proteste seitens der Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft, den Plänen von Bürgermeister Mark zu. Auch Kultusminister Mayer-Vorfelder hat diesen Beschluss seinerseits im April 1990 die Zustimmung erteilt.
Classification:Der Bestand gelangte in einem sehr guten Zustand ins Archiv. Er umfasst insgesamt rund 270 Nummern bzw. 59 Normalpakete. Er reicht im Bereich der Jahresberichte bis in die Anfänge der Höheren Bürgerschule zurück, bei den Schüler- und Notenlisten bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts. Sofern Lücken vorliegen, wurden Fehlernummern vergeben.
Beide Traditionsstränge, der gymnasiale wie der (Ober-) Realschulzweig, sind gleichermaßen vertreten. Zwei Schuljahrgänge von Schüler- und Notenlisten, aus dem Anfang der 30er Jahre, stammen zudem aus der Realschule Feudenheim. Hervorhebung verdienen auch eine sehr illustrative „Praesens-Liste“ aus wilhelminischer Zeit sowie vier Bilderalben; die überwiegend Material aus den 30er Jahren enthalten.
Appraisal and destruction:Der Bestand wurde gemeinsam von den beiden Unterzeichnenden, Herrn Spannagel und Herrn Dr. Nieß, im Nov.-Dez. 1993 geordnet, gegliedert, verzeichnet und verpackt. Die Gesamtverantwortung lag bei Herrn Dr. Nieß. Die Titelerschließung erfolgte nach vertretbaren archivischen Grundsätzen; auf eine Tiefenerschließung musste in der Regel verzichtet werden.
Bei den – größtenteils im Druck gebundenen – Jahresberichten wurden die gedruckten Beilagen stets mit vollem Titel erfasst, bei den Schüler- und Notenlisten hingegen nur Besonderheiten vermerkt.
Die Titelaufnahme erfolgte mittels des Textverarbeitungsprogramms Winword.

Insgesamt dokumentiert der vorliegende Bestand einen ganz wesentlichen Bereich der Mannheimer Stadtgeschichte und stellt eine hervorragende Ergänzung zum hier verwahrten Schriftgut des Karl-Friedrich-Gymnasiums dar.
Im Bereich der Sachakten ist die Überlieferung leider gestört, da hier im Dez. 1969 Kassationen vorgenommen wurden, von denen das Stadtarchiv zu spät Kenntnis bekam.
Kassationen wurden nur sehr behutsam vorgenommen, vor allem bei den wenigen Jahrgängen von Abiturarbeiten galt es, eine Auswahl zu treffen. Ein eigenes Kassationsprotokoll wurde hierüber erstellt. Das Fotomaterial, sofern es nicht in den Schülerlisten fest eingeheftet ist, wurde der Bildsammlung zugeordnet, ganz analog bei den Büchern für die Bibliothek verfahren.
Usage notes:Gemäß Landesarchivgesetz von Baden-Würrtemberg vom 27. Juli 1987 unterliegt ein Teil des Bestandes den besonderen Vorschriften personenbezogener Unterlagen. Unter anderem sind sämtliche Schüler- und Notenlisten ab 1925 daher für die Benutzung bis auf weiteres gesperrt.

Mannheim, im Dezember 1993

Dr. Ulrich Nieß Walter Spannagel
Comments:Literatur- und Quellenangaben:
Rudolf BEIER (Hg.), Unsere Schulzeit 1937/38-1944/45, Göppingen o.J [1988].
DERS. (Hg.), Unsere Schulzeit 1937/38-1944/45. Ein Nachtrag zur Dokumentation von 1988, Göppingen 1992.
Wolfgang BUTZER, Felix GROSS, Heinz RAUFELDER (Hgg.), Unser „Schiff“. Eine Dokumentation über eine ehemalige Schule am Freidrichsring, die Schulzeit der Abiturklassen 1940/41 – die legendären 22er, herausgegeben aus Anlaß des ersten Klassentreffens am 17. Oktober 1992 in Mannheim, Karlsruhe 1992.
Lothar GALL, Bürgertum in Deutschland, (Berlin 1989), Goldmann-Taschenbuch, Augsburg 1991, S. 207, 371 ff.
Karlheinz HAAS, Tulla-Gymnasium Mannheim. Tradition seit 1840, Broschüre, Mannheim o.J. [198?].
Wilhelm HÖHLER, Das Realgymnasium Mannheim 1840-1910. Beilage zum Jahresbericht des Realgymnasiums für das Schuljahr 1910/11, Mannheim 1911.
Adolf MEUSER, Aus der Schulgeschichte Mannheims, Mannheim 1891, S. 23-30.
Friedrich WALTER, Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 2.: Geschichte Badens vom Übergang an Baden bis zur Gründung des Reiches, Mannheim 1907, S. 252 f., 432 f., 480.
Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 3.. Mannheim seit der Gründung des Reiches 1871-1907, hrsg. Vom Statistischen Amt, Mannheim 1907, S. 505-509.
Rundbriefe der Abiturientenklassen 1940/41 des Realgymnasiums I am Friedrichsring Mannheim, Red.: Heinz RAUFELDER, Nr. 1 ff (Febr. 1993)
Verwaltungsberichte der Stadt Mannheim.

Stadtarchiv Mannheim:
D 69-2 Tulla-Gymnasium
S 2/633
Zug. 35/1973, Nrn. 406 u. 430 (Abriss des Realgymn. Am Ring 1954)
Bundesland:Baden-Württemberg
Art der Institution mit Archivbeständen:Kommunale Archive
 

Usage

End of term of protection:12/31/2020
Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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URL: https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=411496
 

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