Title: | NL Eppstein, Paul |
Name of the creator / provenance: | Der Nachlass wurde als Ergebnis jahrelanger Kontakte des ehemaligen Leiters der Mannheimer Abendakademie, Herrn Professor Heinz Ufer, mit der am 04.02.2004 verstorbenen Schwägerin von Paul Eppstein, Frau Paula Eppstein, am 15.8.2002 durch den Leiter der Mannheimer Abendakademie, Herrn Norbert Staab, dem Stadtarchiv übergeben.
Nachtrag 2020: die Verzeichnugnseinheit 27/2002_00041 (Heiratsurkunde) gelangte als Kopie durch Herrn Roland Hartung in das MARCHIVUM, die Verzeichnungseinheit 27/2002_00042 (Notenübersicht) übergab Herr Vogel, Schulleiter des Liselotte-Gymnasium als Kopie Fr. Dr. Schlösser.
Mannheim, im April 2020 gez. Jasmin Breit |
Geschichte der Institution mit Archivbeständen: | 4. März 1902 Geburt von Paul Maximilian Eppstein in Ludwigshafen/Rhein als ältester Sohn des jüdischen Kaufmanns Isidor Eppstein und seiner Frau Johanna geb. Scharff 1908 Umzug nach Mannheim. Der Vater hatte die Teilhaberschaft an der Hemdenfabrik Eppstein & Gerstle erworben. 1909 Geburt des Bruders Lothar. Beide Söhne waren, gefördert von der im Gesang ausgebildeten Mutter, musisch sehr interessiert und spielten beide Klavier. 1920 Abitur an der Oberrealschule in Mannheim 1920-1924 Studium von Rechts- und Staatswissenschaft, Volkswirtschaft, Geschichte, Soziologie, Philosophie und Psychologie an der Universität Heidelberg 1924 Promotion an der philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1924-1933 Tätigkeit als Assistent am Volkswirtschaftlichen Seminar der Handelshochschule Mannheim 1925-1933 Unterrichtstätigkeit am Mannheimer Fröbelseminar 1928-1933 ehrenamtlicher Leiter der Volkshochschule Mannheim. Eppstein gestaltete das Institut völlig um und schuf eine leistungsfähige moderne Einrichtung der Erwachsenenbildung. 1929 Habilitation 1929-1933 Tätigkeit als Privatdozent an der Handelshochschule Mannheim für das Lehrgebiet der Volkswirtschaftslehre 1930 Förderung der Einrichtung einer Notschule für erwerbslose Jugendliche in Mannheim
Starkes Engagement im Bereich der Jugendarbeit u. a. jüdische Jugendorganisationen, zionistische Bewegung. Über die regionalen Grenzen hinaus bekannt war Eppstein als Mitbegründer des "Reichsausschusses der jüdischen Jugendverbände in Deutschland". Der Reichsausschuß wurde zum Mitschöpfer der "Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden e. V.", einem Kernstück der späteren "Reichsvertretung" und nachmaligen "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" 1930-1933 Mitherausgeber der Zweimonatsschrift "Die lebendige Stadt", den späteren "Mannheimer Heften" 1930 Heirat mit der Mannheimerin Hedwig Strauß (geb. 6. Januar 1903), die wie Paul Eppstein auf sozialem Gebiet sehr engagiert war und nach ihrem Studium als promovierte Sozialpädagogin beim jüdischen Wohlfahrtsamt in Mannheim arbeitete. Aufgrund der Verordnung des Reichskommissars für das Land Baden vom 5.4.1933 wurde Eppstein zunächst von seinen Ämtern beurlaubt und später aufgrund der Rassegesetze entlassen. Ende 1933 verlässt Dr. Eppstein gemeinsam mit seiner Frau Hedwig die Stadt Mannheim, um in Berlin als einer der führenden Vertreter bei der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zu wirken: zunächst Leiter des Darlehenkassenwesens, später Leiter der Auswanderungsabteilung, häufige Verhandlungen mit dem Judenreferat des Reichssicherheitshauptamtes, Leiter der Abteilung Berufsausbildung und Berufsumschichtung. Vorrangiges Ziel war es, so lange wie möglich die Selbständigkeit der jüdischen Verwaltung zu erhalten. Seit 1937 feste Anstellung Hedwig Eppsteins bei der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden. Seit 1938 Leitung der Kinder- und Jugend-Alijah in Berlin durch Hedwig Eppstein. Häufig begleitete sie die Kindertransporte auf Auslandsreisen. Nicht zuletzt durch ihre Initiative konnten viele jüdische Kinder und Jugendliche in Sicherheit gebracht werden. Seit 1938 Bestrebungen, über England zu emigrieren. Diese scheitern offensichtlich an dem Eingebundensein der Eppsteins in die laufenden Tätigkeiten. (Brief Hedwig Eppsteins vom 16.2.1939: "Wir haben permit für England für 12 Monate erhalten und könnten an sich jede Stunde weg. Aber so kann man sich aus unserer Arbeit nicht lösen"). Trotz eines Vertrags über Dozententätigkeit an der New School of Social Research in New York, 1940, blieb Eppstein auf seinem Posten in Berlin. 1940 Verbüßung einer viermonatigen Haft im Berliner Polizeigefängnis am Alexanderplatz unter dem Vorwand der Sabotage einer illegalen Auswanderung nach Palästina. Januar 1943 Deportation von Paul Eppstein und Frau Hedwig in das Ghetto Theresienstadt. Am 31.1.1943 wurde Paul Eppstein zum Judenältesten in Theresienstadt als Nachfolger von Jakob Edelstein bestimmt. Eppsteins Rolle im Ältestenrat ist umstritten, da er sich als Mittler zwischen Häftlingen und Lagerleitung zwangsläufig für beide Seiten suspekt machen musste. Gelegenheit zu geistigen Tätigkeiten wie dem Musizeren oder dem Abhalten von soziologischen Seminaren fand Eppstein auch in Theresienstadt. In seine Zeit als Judenältester fiel die Vorbereitung des Propaganda-Films über Theresienstadt "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt" von Kurt Gerron als eine von vielen Aktionen, das Ausland günstig für das Regime zu stimmen. 27.9.1944 Verhaftung Paul Eppsteins aus unbekannten Gründen, Überführung in die "Kleine Festung" Theresienstadt und Erschießung. Seine Frau Hedwig wurde im gleichen Jahr nach Auschwitz deportiert und in der Gaskammer ermordet.
Die Mannheimer Abendakademie ehrte Paul Eppstein 1985 mit der Aufstellung einer Büste des Künstlers Manfred Kieselbach in ihren Räumen und der Benennung ihres Vortragssaals nach Paul Eppstein. |
Classification: | Der Nachlass enthält neben persönlichen Unterlagen umfangreiche Korrespondenzen Hedwig Eppsteins mit dem Schwager Lothar und der Schwägerin Paula während der Tätigkeit bei der Reichsvereinigung in Berlin. Korrespondenzen mit nach Gurs deportierten Verwandten sind ebenfalls überliefert. Außerdem enthält der Nachlass umfangreichen Schriftwechsel des Vaters Isidor Eppstein mit der Mutter Johanna aus der Zeit von 1898 -1906. Neben dem schriftlichen Material beinhaltet der Nachlass Familienfotos sowie einige Gegenstände (Wolljacke, Schreibmappe) von Paul Eppstein. Die Jacke Paul Eppsteins wurde nach Absprache mit der Abendakademie an die Reiss-Engelhorn-Museen abgegeben. Der Bestand gliedert sich in persönliche Unterlagen, berufliche Unterlagen, Korrespondenzen, Fotos und Gegenstände. Die Korrespondenzen, die mit Familienmitgliedern bis zum Ende des Krieges geführt wurden, sind chronologisch geordnet. Korrespondenzen mit Personen, die in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis stehen, wurden alphabetisch geordnet. Diese stammen sämtlich aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg und befassen sich in der Regel mit Nachforschungen des Bruders Lothar Eppstein über den Verbleib Paul Eppsteins und dessen Frau. Die Dissertationen von Hedwig und Paul Eppstein wurden dem Stadtarchiv von Herrn Dr. Raimund Kemper, Rebgartenweg 13, Dirmstein in Kopie überlassen und dem Nachlass zugeordnet. (s. Nr. 8)
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Appraisal and destruction: | Die Korrespondenzen v. a. geführt von Hedwig Eppstein mit Schwager Lothar Eppstein und seiner Frau Paula während der Zeit der Tätigkeit bei der Reichsvereinigung in Berlin geben berufliche und private Informationen und lassen die Verbundenheit der Eppsteins mit ihrer Arbeit immer wieder deutlich werden. Einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass Schriftwechsel mit nach Gurs deportierten Verwandten, u. a. mit der Mutter und Schwester von Hedwig Eppstein bzw. mit den Geschwistern von Johanna Eppstein, von einem Soldaten in einem zerbombten Haus in Berlin-Grünewald gefunden wurden und Jahre später wieder in das Eigentum der Familie Eppstein gelangt sind. Ersichtlich werden hieraus die letztendlich vergeblichen Bemühungen, die Verwandten aus dem Lager Gurs zu befreien. Bemerkenswert ist ebenfalls der Schriftwechsel, den Lothar Eppstein nach Kriegsende im Zuge von Nachforschungen über den Verbleib des Bruders und seiner Schwägerin unternommen hatte. So wurde beispielsweise Kontakt mit dem in Theresienstadt inhaftierten Überlebenden Rabbi Leo Baeck aufgenommen.
Briefbündel mit Korrespondenzen (1898-1906) des Vaters Isidor Eppstein mit der Mutter Johanna Eppstein geb. Scharff wurden von der Mutter über Jahrzehnte hinweg sorgsam verwahrt. Die im Verlauf von Geschäftsreisen fast täglich versandten Briefe Isidor Eppsteins geben neben privaten Informationen wie dem lange ersehnten Wunsch auf Nachwuchs und dem Gedeihen des Sohnes Paul auch Aufschluß über die wirtschaftliche Situation der jüdischen Familie. Zu beobachten ist beispielsweise auch der damalige Aktionsradius eines Reisenden. Fragestellungen zum Praktizieren der Religiosität innerhalb der Familie können ebenfalls in Betrracht gezogen werden.
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Usage notes: | Die Unterlagen werden im Stadtarchiv in Form eines Depositums aufbewahrt. (Vertrag vom 24.11.2003). Eigentümerin ist die Mannheimer Abendakademie. Als solche wird ihr der Zugang zu den Archivalien jederzeit garantiert. Als Sonderbestimmung wurde eine sachgerechte Mikroverfilmung der Unterlagen durch das Stadtarchiv vereinbart. Laut Schreiben der Abendakademie vom 8.02.05 sollen die Unterlagen auf Wunsch der verstorbenen Schwägerin Paula Eppstein Bestandteil einer zu errichtenden nichtrechtsfähigen Stiftung werden. Hiervon unberührt sind die einschlägigen rechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen zu beachten d. h. das Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg vom 27. Juli 1987 und die Archivordnung der Stadt Mannheim vom 10. Juli 1992. Die Verzeichnung erfolgte im Juli 2003 durch die Unterzeichnerin. |
Comments: | Quellen:
S1/1754
K. O. Watzinger "Geschichte der Juden in Mannheim" Jüdische Sozialarbeit Jahrgang 4, Nr. 3 / 4 vom 18. September 1959 H. G. Adler "Der verwaltete Mensch" Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen, 1974 H. G. Adler "Die verheimlichte Wahrheit" Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen, 1958
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Bundesland: | Baden-Württemberg |
Art der Institution mit Archivbeständen: | Kommunale Archive |
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Usage |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | Uneingeschränkt |
Accessibility: | Öffentlich |
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URL for this unit of description |
URL: | https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=1268591 |
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