Stadtjugendring, 1946-1992 (Bestand)

Archive plan context


Title:Stadtjugendring
Geschichte der Institution mit Archivbeständen:In Mannheim entstand wie in anderen Städten der amerikanischen Besatzungszone 1946 auf Veranlassung der Besatzungsmacht im Rahmen des Programms „German Youth Activities" ein Jugendsekretariat, das sich bei der Wiedererrichtung von Turn- und Sportvereinen, sowie Jugendgruppen und Jugendorganisationen beteiligen sollte. Daneben konstituierten sich 1948 auf kommunaler Ebene ein Stadtjugendrat, der sich besonders in der Organisation von politischen Diskussionsforen, Jugendwochen, Sommerzeltlagern und ersten Gruppenleiter-lehrgängen hervortat, und 1950 der Stadtjugendausschuß. In Absprache mit den amerikanischen Behörden wurde zum 1. Januar 1952 die Abteilung Jugendförderung des Jugendausschusses gebildet, die gleichzeitig dessen Geschäftsstelle sein sollte. Sie war vornehmlich mit der Übernahme amerikanischer Jugend-Einrichtungen und dem Bau von Jugendfreizeitheimen befaßt; noch im selben Jahr organisierte sie außerdem den ersten Jugendtanzabend und veröffentlichte die erste Ausgabe des „Sprachrohr", das bis 1976 als Mitteilungsblatt der Mannheimer Jugend publiziert wurde. 1953 ging der Stadtjugendrat im Stadtjugendausschuß auf. Am 22. Februar 1954 schließlich wurde durch Beschluß der Vollversammlung eine neue Satzung verabschiedet und der Name des Jugendausschusses in Stadtjugendring (SJR) geändert, in dem alle jugendspezifischen Aktivitäten koordiniert werden sollten.

Haupttätigkeitsgebiet des Stadtjugendrings war von Beginn an neben der Organisation von vereinsübergreifenden Jugendveranstaltungen, wie den regelmäßigen Jugendtanzabenden (bis 1960 zählte der SJR 150 solcher Veranstaltungen mit 200.000 Besuchern), der Einsatz für die Einrichtung von Begegnungszentren für die Jugend und das Engagement in der kommunalen Jugendpolitik. Hierzu zählte auch die politische Meinungsbildung bei Jugendlichen; die Jungwählerveranstaltungen des SJR zählten seit den 70er Jahren zum festen Bestandteil vor Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen. Mit amerikanischer Unterstützung wurde schon 1952 ein Jugendfilmclub eingerichtet, der den Grundstock für die spätere Stadtbildstelle bildete.
Besonders herauszuheben ist das internationale Jugendfreizeit- und Austauschprogramm mit Frankreich (Toulon), Großbritannien (Swansea), Italien, den Vereinigten Staaten und der Türkei, später auch mit Polen (Bromberg), der CSSR (Brünn), Jugoslawien (Laibach) und der Sowjetunion (Baku, Moskau und Kiew). Nicht unerheblichen Anteil hatte der Stadtjugendring durch seine internationalen Kontakte an der Herausbildung und Vertiefung der Mannheimer Städtepartnerschaften mit Swansea, Toulon und Bydgoszcz/Bromberg. 1967 erfolgte zur Durchführung von Jugendfreizeiten und zur Betreuung der bisher dem Jugendring zugehörigen Freizeitheime die Abtrennung des Jugendferienwerks Mannheim e.V. als eigenständige Organisation.

Die besondere Anteilnahme des Stadtjugendrings galt seit den 70er Jahren der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit und dem Kampf gegen Rechtsradikalismus und Neofaschismus, der in mehreren Veranstaltungsreihen zum Ausdruck kam. 1973 wurde eine Ausstellung über das Konzentrationslager Auschwitz präsentiert, die auch in anderen Städten gezeigt wurde. Es folgten Ausstellungen mit den Titeln „Antifaschistischer Widerstand in Mannheim 1933-1945" (1980), „Neonazis schlagen zu..." (1982), „Bilder von Auschwitz" (1983), „Was heißt hier Ausländer? Gedanken zur Ausländerfeindlichkeit" (1984) und „Die Welt der Anne Frank" (1987). Auf Betreiben des Stadtjugendrings wurde 1982 in der Gustav-Wiederkehr-Schule in Sandhofen eine Gedenktafel für die Opfer der dortigen Außenstelle des KZ Natzweiler-Struthof angebracht.
Einfluß nahm der Stadtjugendring auch auf die Mannheimer Friedensbewegung, so übernahm er ab 1977 die Koordination der Friedenswochen und organisierte regelmäßig zentrale Veranstaltungen zum Antikriegstag. 1978 trat er mit der friedenspädagogischen Ausstellung „Es ist so schön, Soldat zu sein..." an die Öffentlichkeit. Eine mehrjährige Kampagne gegen den Nato-Doppelbeschluß und die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen begann 1983, im gleichen Jahr übernahm der SJR die Geschäftsführung des Koordinationsausschusses der Mannheimer Friedensbewegung.
Die politische Tätigkeit des Stadtjugendrings, war nicht immer unumstritten, da er bei aller Betonung der Überparteilichkeit neben den kirchlichen Jugendverbänden zumeist von eher linksorientierten Gruppierungen wie der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend, der Sozialistischen Jugend Deutschlands „Die Falken" oder den Nachwuchsorganisationen der Gewerkschaften getragen wurde.

Unbestrittene Verdienste hat sich der Stadtjugendring um die Integration von behinderten Jugendlichen erworben, für die seit 1981 regelmäßig gemeinsame Freizeiten mit Nicht-behinderten stattfanden. Ein weiteres Schwerpunktgebiet bildete die Arbeit mit ausländischen Jugendlichen, denen durch die Einrichtung der Hausaufgabenhilfe und des Internationalen Mädchentreffs auch konkrete Unterstützung zuteil wurde, und die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, Alkoholismus und Drogenmißbrauch.
Classification:I. Veranstaltungen/Organisation 4
II. Korrespondenz 12
III. Meldungen 20
IV. Rundbriefe 21
V. Vorstands- und Ausschußarbeiten 23
VI. Schriften 26

Der Bestand umfaßt im wesentlichen Unterlagen der Jahre 1968 bis 1992 sowie vereinzeltes Schriftgut der Jahre 1962-66. Neben reichem Material zur Organisation der Veranstaltungen enthält er die im Zuge der Austauschprogramme angefallene, separat abgelegte internationale Korrespondenz der Jahre 1968-1978, den allgemeinen Schriftwechsel von 1977 bis 1992, von dem die Korrespondenz mit der Stadtverwaltung und mit den Mitgliedsverbänden hervorzuheben ist, die vom Stadtjugendring herausgegeben Rundbriefe aus den Jahren 1962, 1964-66 und 1969-1989 (sie spiegeln die Tätigkeit des SJR noch einmal in komprimierter Form wider), sowie zahlreiche Unterlagen (v.a. Tischvorlagen und Protokolle) aus der Tätigkeit des Vorstandes, der Ausschüsse und der Arbeitskreise, die zusätzlich durch ergänzendes und erläuterndes Material bereichert werden.

Obwohl mit den Jahren 1968 und 1990 zwei gesellschaftlich und politisch bedeutsame Zäsuren am Anfang und Ende des Bestandes liegen, haben diese nur bedingt Spuren hinterlassen. Politische Strömungen besonders der frühen 80er Jahre hingegen werden deutlich repräsentiert.

Von Interesse ist der Bestand außerdem für das als Abspaltung vom Stadtjugendring entstandene und durch intensive Zusammenarbeit stets mit ihm verbundene Jugendferienwerk Mannheim e.V., sowie für die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die ebenfalls eng mit dem SJR kooperierte. Selbstredend sind auch die Mitgliedsverbände des Stadtjugendrings durch umfassendes Schriftgut vertreten.
Appraisal and destruction:Der Bestand kam im September 1998 ins Stadtarchiv. Eine knappe Ablieferungsliste war beigefügt. Ordnung und Verzeichnung erfolgten durch Herrn Florian D. Hoffmann im Sept./Okt. 1998 im Rahmen eines Praktikums unter Anleitung und Betreuung von Herrn Walter Spannagel und Unterzeichner. Die Endredaktion des Findmittels lag in Händen des Unterzeichners.
Usage notes:Gemäß Depositalvertrag vom 10.11.1998 unterliegt die Benutzung der Archivalien den Bestimmungen der Archivordnung der Stadt Mannheim vom 30. Juni 1992 i.d.F. vom 23.11.1993. D.h es sind die gültigen gesetzlichen Bestimmungen gemäß LArchG zu beachten - jedoch verpflichtet sich jede/r Benutzer/-in, daß über seine Benutzung der Stadtjugendring e.V. Mitteilung erhält. Erklärt sich der Benutzer/-in damit nicht einverstanden, so kann keine Benutzung des Bestands erfolgen

Mannheim, im Dezember 1998

Dr. Ulrich Nieß
Stadtarchivoberrat
Comments:Quellenhinweise (weiterführende Bestände zum Stadtjugendring im Stadtarchiv):

Ortsgeschichtliche Sammlung:
Stadtjugendring S 2/373

Haupt- bzw. Dezernatsregistratur:
Hauptregistratur, Zug. 40/1972, Nr. 88 u. 89 (Stadtjugendring I u. II, 1955-1964)
Hauptregistratur, Zug. 52/1975, Nr. 463 u. 464 (Stadtjugendring III u. Haushaltspläne des SJR, 1964-1966)
Dezernatsregistratur, Zug. 3/1981, Nr. 628-641 (u.a. Stadtjugendring IV u. V, 1966-1974, Verselbständigung des Stadtjugendrings e.V. und einzelne Einrichtungen bzw. Aktivi-täten)

Literaturhinweis:
SALEWSKI, Andrea/PANKER, Petra: Geschichte des Stadtjugendrings Mannheim e.V. 1946-1988
Bundesland:Baden-Württemberg
Art der Institution mit Archivbeständen:Kommunale Archive
 

Usage

End of term of protection:12/31/2022
Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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URL: https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=281575
 

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