Literarische Gruppe 2000 (Bestand)

Archive plan context


Title:Literarische Gruppe 2000
Name of the creator / provenance:Im September 1989 bot Frau Liselotto Mahla, Ludwigshafen, dem Stadtarchiv den Nachlaß Hildebrand als Schenkung an. Anläßlich zweier Besuche übergab sie Dr. Blum 3 Stehordner und 4 Mappen mit Manuskripten und Fotos, 3 Bücher und einige Zeitungsausschnitte.Das von Frau Mahla in Aussicht gestellte Archiv der Literarischen Gruppe 2000 gelangte erst auf Antrage von Unterzeichneter beim derzeitigen Vereinsvorsitzenden, Achim Hartmann, ans Stadtarchiv. Der Bestand - 5 Stehordner, 3 Mappen und 1 DIN A 4 Umschlag mit der Geschäftskorrespondenz und Manuskriften verschiedener Autoren - war nach dem Tod des früheren Vorsitzenden Hildebrand, der zugleich auch das Amt des Geschäftsführers ausgeübt hatte, an Herrn Hartmann übergegangen. Mit ihm wurde über den gesamten Nachlaß ein Depositalvertrag mit einer Laufzeit von 2 Jahren abgeschlossen.
Geschichte der Institution mit Archivbeständen:Am 2. März 1968 gründete Johann Hildebrand die "Literarische Gruppe 2000 Mannheim" mit dem Ziel, junge unbekannte Autoren in der Region zu fördern. Die erste größere Veranstaltung fand am 7. Juli 1968 unter dem Motto "Lyrik und Beat vom Sprungbrett" im Herzogenriedpark statt, die aufgrund des ungewöhnlichen Veranstalltungsortes und der Teilnahme von Leonie Ossowski überregionales Aufsehen erregte. Im Herbst 1979 organisierte die Literarische Gruppe eine Ausstellung über moderne Kunst mit Werken von jungen Absolventen der Mannheimer Kunstschule Rödel. Bei den regelmäßig stattfindenden Lesungen im "Kubus", später im Kulturzentrum "Alte Feuerwache" erhielten unbekannte Autoren Gelegenheit, aus ihren Werken öffentlich vorzutragen. Einige Amateur-Schriftsteller brachten es hierdurch zu überregionaler Popularität wie z.B. Adolf Kutschker mit seiner literarischen Kunstfigur "Herrn Jeh" oder Immacolata Amadeo, deren Gedichte im Rowohlt-Verlag erschienen.

Mitglieder und Publikum der Literarischen Gruppe kamen vorwiegend aus dem studentischen und Intellektuellen-Milieu. Die erste und einzige Anthologie der Literarischen Gruppe erschien 1976 unter dem Titel "Autoremgemeinschaft" im Bläschke -Verlag Darmstadt.

1976 schloß die Literarische Gruppe sich mit der Kulturgemeinschaft "Der Kreis", Wien zusammen, deren erste gemeinsame Veranstaltung, eine Lesung mit Wiener Autorinnen, im September 1977 im "Kubus" stattfand.

Mit der Gründung der "Räuber 77" im Schatten des Pen-Kongresses 1977 in Mannheim erwuchs der Literarrischen Gruppe 2000 eine Konkurrenz, die zu kritischen Äußerungen in der Öffentlichkeit Anlaß gab, zumal einige Gründungsmitglieder der Literarischen Gruppe wie Karin Voigt, Adolf Kutschker und Dieter M. Gräf zu den "Räubern" überwechselten.

Jahrelang bemühte sich die literarische Gruppe um Aufnahme in die Interessengemeinschaft Mannheimer Künstler (IGMK), in welchem Zusammenhang im Februar 1982 die Gründung eines rechtsfähigen Vereins erfolgte. Der Vorstand der IGMK lehnte den Antrag jedoch mit der Begründung ab, der Literarischen Gruppe mangelte es an professionellen Schriftstellern, deren ausschließliche Interessenvertretung Aufgabe der IGMK sei.

Nach dem Tod von Johann Hildebrand im August 1986 übernahm Achim Hartmann das Amt des Vorsitzenden der Literarischen Gruppe.

b)Lebenslauf von Johann Hildebrand

Johann Hildebrand wurde am 27.3.1911 in Masuren/Ostpreußen geboren. Nach Ende des zweiten Weltkrieges lebte er in Mönchengladbach, wo er bei der Kaufhof-AG beschäftigt war und vom einfachen Angestellten zum Subsitut und zuletzt zum Abteilungsleiter in der Firmenzentrale aufstieg. In seiner Freizeit schrieb er Lyrik und Prosatexte und belegte Kurse an der Volkhochschule über Literatur- und Kunstgeschichte. Mitte der sechziger Jahre unternahm er eine längere Reise nach Afrika, deren Eindrücke er literarisch verarbeitete. Nach seiner Rückkehr Ende 1965 übersiedelte er nach Mannheim. Hier arbeitete er von 1967 bis Februar 1968 als Abteilungsleiter bei der Firma Fendel AG.

1968 gründete Hildebrand die "Literarische Gruppe 2000 Mannheim", die sich um die Entwicklung einer eigenständigen regionalen Literatur bemühte. Der Verein veranstaltete öffentliche Lesungen, bei denen unbekannte Autorinnen und Autoren erstmals ihre Werke einem interessierten Publikum vortrugen.

Während seiner Arbiet als Vorsitzender der Literarischen Gruppe knüpfte Hildebrand auch Kontakte zu österreichischen Literaten, korrespondierte mit Mitgliedern des Schriftstellerverbandes, dem er selbst angehörte (Ingeborg Drewitz, Siegfried Lenz, Peter Chotjewitz), und verstand , die Verbindungen zu Parteigenossen der SPD und Gewerkschaftsfreunden der IG Druck und Papier zu nutzen. Für die Herausgabe einer Anthologie erhielt Hildebrand 1976 den Förderpreis der deutschen Künstlerhilfe des Bundespräsidenten. Nachfolgend erschienen seine Bände "Steinschläger" (1977) und "Ackergäule und Junker" (1978) im Bläschke-Verlag Darmstadt. Anfang der achtziger Jahre schrieb Hildebrand seinen Roman "Tauernexpress", wobei er sich häufig an seinem Zweitwohnsitz in Mallnitz/Österreich aufhielt.

Johann Hildebrand starb im August 1986 in Mannheim.
Classification:Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung:

Persönliches aus dem Nachlaß Johann Hildebrands:

Dokumentensammlung:

Prosa- und Lyriksammlung

Der chronologisch ältere Nachlaßteil - er umfaßt den Zeitraum 1961-1966 besteht vorwiegend aus der umfangreichen Manuskriptesammlung von Johann Hildebrand. In seinen Prosatexten finden sich sowohl autobiographische Bezüge als auch lokalgeschichliche Aspekte wie beispielsweise die Schilderung der Mannheimer Innenstadt Ende der sechziger Jahre aus der Perspektive eines Ortsfremden. Von zeitgeschichtlichem Interesse sind auch seine Reiseberichte und seine zeitkritischen Äußerungen.

Das Archiv der Literarischen Gruppe 2000, das Hildebrand von 1968 bis 1983 anlegte, enthält neben der Vereins- und Privatkorrespondenz eine Sammlung von Zeitungsausschnitten, Programmen und Einladungen; der überwiegende Teil besteht aus Manuskripten verschiedener Autoren, die größtenteils unveröffentlicht blieben wie auch das vollständige Konzept für die zweite Anthologie, die 1979 erscheinen sollte.

Die Gliederung des Bestandes erfolgte unter weitmöglichster Berücksichtigung der vorgefundenen Ordnung. Der Nachlaß Hildebrand wurde in "Persönliches" (a) und Manuskripte © aufgeteilt.Die chronologisch vorgeordnete Vereinskorrespondenz erhielt nochmals eine Untergliederung nach Provenienz und Sachzusammenhang. Aus konservativerungstechnischen Gründen wurden sämtliche Zeitungsausschnitte für die Zeitgeschichtliche Sammlung entnommen, die geschnittenen Kopiervorlagen kamen wieder zum Nachlaßbestand.

Die Fotografien wurden der Bildsammlung zugeführt, die Bücher in den Bibliotheksbestand eingeordnet. Kassationen wurden in geringem Umfang vorgenommen, leere Ordner, Mappen und Mehrfachkopien gingen an den Nachlasser zurück.
Appraisal and destruction:Bei der Bewertung des vorliegenden Schriftgutes muß die Bedeutung der Literarischen Gruppe innerhalb des regionalen Kulturlebens mit berücksichtigt werden.
Sie war die erste literarische Vereinigung in Mannheim, die speziell die Förderung einer eigenständigen Regionalliteratur zum Ziel hatte. nachfolgende Gruppierungen wie "Werkkreis Literatur der Arbeitswelt" (gegründet 1970) und die Räuber 77" (gegründet 1977) hatten jedoch aufgrund gewerkschaftlicher bzw. kommunaler Zuwendungen weit bessere Vorraussetzungen, sich und ihre Arbeit öffentlich zu präsentieren.
Im Nachlaß der Literrarischen Gruppe spiegeln sich Tendenzen der Mannheimer Kulturszene in der nach achtungsechziger Zeit wider. Die umfangreiche Korrespondenz mit dem Kulturamt enthält interessante Aspekte städtischer Kulturpolitik der siebziger und achtziger Jahre. Dass die Literarische Gruppe heute keine so bedeutende Rolle mehr spielt, schmälert den Wert des Nachlasses in keiner Weise.

Mannheim, im August 1993
Comments:Quellen:
Mannheimer Adressbuch 1966 ff
Mündliche Mitteilung ovn Frau Mahla, Ludwigshafen, vom 19.5.1993
Zeitgeschichtliche Sammlung: S 1/4628, S 1/4168, S 1/4062, S 2/2417, S 2/2304
Bundesland:Baden-Württemberg
Art der Institution mit Archivbeständen:Kommunale Archive
 

Usage

Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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URL: https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=61417
 

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