AV1870 Bermudafunk GRENZENLOS: Sendung Arisierung der Felina, 2012 (Audiovisuelle Sammlung)

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Title:Bermudafunk GRENZENLOS: Sendung Arisierung der Felina
Ref. code:AV1870
Ref. code AP:AV1870
Originalmedium:nur digital vorhanden
Datumsbemerkung:16.12.2012
Creation date(s):2012
Inhalt_AV:Ansage.
Der Arisierer Richard Greiling
Das Thema der heutigen Sendung ist die Arisierung der Mannheimer Firma Herbst, besser bekannt unter dem Namen FELINA.
Michael Caroli, der Mannheimer Stadthistoriker, hielt im Februar 2011 ein Referat über die Arisierung der in Mannheim bekannten Firma Felina. Es ging bei dem Referat nicht nur um die Produkte der Firma, die Frauen schöner machen, sondern um die Machenschaften während der NS-Zeit, in der die Firma arisiert, d.h. weit unter Wert verkauft werden musste.
Michael Caroli betonte in seinem Referat, dass die Historikerin Frau Dr. Fritsche gerade von der Universität Mannheim beauftragt worden war über die Arisierung in Mannheim zu forschen. Ihr Buch, dass auch die arisierten Opfer behandelt, wird voraussichtlich Ende Januar 2013 erscheinen. Es wird etwa 800 Seiten umfassen und mit Spannung erwartet. Ein kleiner Teil der Finanzierung wird auch von der Heinrich-Vetter-Stiftung getragen, dessen Stifter ironischer Weise selbst zu den großen Arisierern hier in Mannheim gehörte.

In dem Referat kommen zwei Namen des Öfteren vor: Die jüdische Familie Herbst und der Arisierer Richard Greiling und dessen Erben.

Der 25jährige Eugen Herbst, jüdischen Glaubens, Sohn des Kaufmannes Isaak Herbst, gründete mit knappem Startkapital 1886 die Firma, die als Korsettgeschäft begann und später den in Mannheim wohlbekannten Namen Felina erhielt. Der Unternehmer Eugen Herbst legte bereits 1900 den jüdischen Glauben ab. Er und sein Bruder schlossen sich daraufhin der freireligiösen Gemeinde an. Eugen Herbst nahm am 1. Weltkrieg teil und kämpfte auf der Seite Deutschlands. Ferner nahm er am politischen Leben der Stadt Mannheim teil. Vorerst war er als Stadtverordneter der „Linksliberalen freiheitlichen Volkspartei“ aktiv und später als Abgeordneter der „Deutschen Demokratischen Partei“. Eugen Herbst war also faktisch ein respektierter Bürger und Unternehmer in Mannheim. Für die Nazis in ihrem Rassenwahn galt das jedoch alles nicht.

Richard Greiling wurde laut der Munzinger-Archiv GmbH von 1952 am 13. Febr. 1882 in Schlesien geboren. Dort besuchte er die Volksschule und danach die Handelsschule in Deutsch-Krone. Nach dem 1. Weltkrieg, an dem er zuletzt als Hauptmann teilnahm, gründete er im Jahre 1919 in Dresden die Greiling-Zigarettenfabrik.
Unter seiner Leitung wuchs die Fabrik im Verlauf eines Jahrzehnts zu einem Unternehmen mit 4000 Arbeitern und einem Jahresumsatz von 100 Millionen Reichsmark heran. 1930 wurde das Unternehmen von Richard Greiling an den Reemtsma-Konzern verkauft.
Richard Greiling. gründete darauf im Jahre 1931 in Zürich die Zigarettenfabrik Mahalla-A.G. Unter der Naziherrschaft arisierte Richard Greiling mehrere Betriebe und vergrößerte damit sein Vermögen. Nach dem Kriege war er weiterhin aktiv.
1952 wirkt er als Geschäftsführer und Mitinhaber
der Greiling-Werke GmbH. Wäschefabrik, in Mannheim,
der Felina GmbH., Miederfabrik in Mannheim,
der Greiling GmbH. Schuhfabrik in Mannheim und
der 1950 gegründeten Augusta Hotel GmbH. In Mannheim.
Als Richard Greiling starb, übernahmen die Erben die Firmen. Sie waren nicht sehr erfolgreich. Zwei Tage vor Weihnachten 1981 wurde der Insolvenzantrag gestellt. Manfred Greiling wollte sich nicht mehr finanziell beteiligen, weshalb auch die Banken kein Geld mehr nachschießen wollten. Die Verschuldung in Höhe von 8 Millionen DM wurde einvernehmlich zu 70 % an die Gläubiger zurückgezahlt. Kurzfristig erholte sich die Firma wieder und wurde dann noch in den 80er Jahren an einen Schweizer Investor verkauft.
Bevor das Referat von Herrn Michael Caroli beginnt, möchte ich noch zu der eingestreuten Musik Stellung nehmen. Da sie zeitgenössisch sein sollte, habe ich Django Reinhart ausgewählt. Während in Deutschland der Rassenwahn der Nazis auch die Kultur terrorisierte, wurden im unbesetzten Frankreich unvergessliche Kulturgüter geschaffen, die ich zu Gehör bringen möchte.

Am Schluss der Sendung möchte ich Mahalia Jackson mit einer Aufnahme aus der Zeit, in der das Referat historisch endet, vorstellen. Ende der 70er oder Anfang der 80ger Jahre stellte Joachim Ernst Behrend seinerzeit „Raritäten“ vor. Unter anderem spielte er „Silent night, holy night“ von Mahalia Jackson ein. Diese Aufnahme war damals noch nicht veröffentlicht worden und stammte aus dem Rundfunkarchiv. Mich hatte diese Version sehr berührt und da jetzt Weihnachten kurz vor der Tür steht, …warum nicht.
Jedenfalls wünsche ich allen Zuhörern ein frohes Weihnachtsfest und ein zufriedenes Neues Jahr.
Jetzt übernimmt der Mannheimer Stadthistoriker Michael Caroli des Wort:
Caroli Teil 1
When Day is done
Caroli Teil 2
Black and White
Caroli Teil 3
Minor swing
Caroli Teil 4
Ain’t Misbehavin
Caroli Teil 5
(Body and Soul) nur wenn noch Platz ist
Silent Night
Abspann
Playing time:0:59:19
Ton:nur
Comments:Das von der Lfk geförderte Projekt „Grenzenlos“ startete im Dezember 2006 und vereint im Freien Radio die Zusammenarbeit von Jung und Alt mit dem Engagement gegen Rassismus und Faschismus. Ein Team aus Menschen unterschiedlicher Generationen trifft sich seither regelmäßig um die Durchführung der geplanten Sendungen zu besprechen und diese zu realisieren.
Das Radioprojekt Grenzenlos konnte die grundlegenden Projektziele – die generationsübergreifende Zusammenarbeit und die inhaltliche Arbeit innerhalb des Themenkomplexes Antirassismus / Antifaschismus – erreichen:
Verschiedene Generationen waren sowohl innerhalb der Arbeitsgruppen als auch innerhalb des Kreises der ProjektbetreuerInnen vertreten. Die Zusammenarbeit innerhalb intergenerativer Arbeitsgruppen hat sich sowohl als spannende Grundbedingung gemeinsamer Arbeit herausgestellt als auch als Bereicherung was die Erfahrungshorizonte, die subjektive Sichtweise auf die gemeinsam zu erarbeitenden Themen und inhaltliche Kenntnisse angeht.
Das Themenspektrum der bis April 2008 sechzehn produzierten Grenzenlos-Sendungen entspricht mit der Beschäftigung mit Fragen der Migration und Integration, mit der neuen Bleiberechtsregelung für AsylbewerberInnen oder mit der Aufarbeitung regionaler nationalsozialistischer Geschichte den Vorgaben des Rahmens „Antirassismus / Antifaschismus“.
Aber auch die Projektziele der Vermittlung von Wissen über das „Radiomachen“ und die Vernetzung und Multiplikation in der Region konnten erreicht werden:
Die Projektteilnehmenden wurden in alle Phasen der Sendungsgestaltung mit einbezogen, so konnten alle Einblick in die vielfältigen Vorgänge erhalten, die für die Produktion einer Radiosendung notwendig sind. Von redaktionellen Tätigkeiten über Audioschnitt bis hin zur Studiotechnik konnten die TeilnehmerInnen somit Neues lernen. Grenzenlos konnte aber nicht nur verschiedene Generationen in einem Projekt vereinen, sondern auch verschiedenste regionale, ehrenamtliche und professionelle Initiativen und Gruppen, die in einen aktiven Prozess des inhaltlichen Austausches integriert werden konnten!
Conditions of access and use:GEMA Einschränkungen, dazu Aktenvermerk einsehen unter 16.41.06/1/2016
Aktenzeichen1:16.41.06/1/2016
Angaben zum Erwerb:Schenkung Klaus Penner, 2016
 

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Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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