AV1871 Bermudafunk GRENZENLOS: Sendung Georg Lechleiter, 2014 (Audiovisuelle Sammlung)

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Title:Bermudafunk GRENZENLOS: Sendung Georg Lechleiter
Ref. code:AV1871
Ref. code AP:AV1871
Originalmedium:nur digital vorhanden
Datumsbemerkung:21092014
Creation date(s):2014
Inhalt_AV:Sendetext zu Georg Lechleiter
Ansage mit Moorsoldaten
Georg Lechleiter
Fritz Salm beschrieb in seinem Buch "Im Schatten des Henkers" den Widerstand in Mannheim gegen Faschismus und Krieg. Ich möchte daraus zitieren:
"Am Morgen des 15. September 1942 prangten an den Litfaßsäulen Mannheims leuchtend rot die Plakate des Oberreichsanwaltes, welche die am gleichen Tag vollzogene Hinrichtung der (Antifaschistin und) Antifaschisten mit dem Fallbeil verkündeten: Georg Lechleiter, Jakob Faulhaber, Rudolf Langendorf, Ludwig Moldrzyk, Anton Kurz, Eugen Sigrist, Philipp Brunnemer, Max Winterhalter, Robert Schmoli, Rudolf Maus, Daniel Seizinger, Käthe Seitz, Alfred Seitz und Johann Kupka. Am 22. Oktober 1942 wurde die zweite Gruppe der Angeklagten in Stuttgart abgeurteilt. Ihre Hinrichtung fand am 24. Oktober 1942 statt."
Da Georg Lechleiter an der Spitze der Gruppe stand, wird sie als "Lechleiter-Gruppe" bezeichnet.
"Die Anklageschrift gegen Georg Lechleiter und seine Mitkämpfer in dem Prozess, der am 14. und 15. Mai 1942 vor dem 2. Senat des Volksgerichtshofes in Mannheim stattfand, schildert sehr detailliert die Vorbereitungen für die Herstellung des "Vorboten"."
"Der Vorbote", wie die Zeitung in Wahrheit hieß, war mit einer Schreibmaschine geschrieben und mit einem Abziehapparat vervielfältigt worden. Wer wann wo eines der beiden Geräte gestiftet, weitergegeben und benutzt hatte, war in diesem Schauprozess im Mannheimer Schloss Gegenstand gründlichster Untersuchung.
Doch was schrieb "Der Vorbote"?
Die letzte Ausgabe, vom Dezember 1941, wenige Tage vor Weihnachten erschienen, es war die vierte Ausgabe, beginnt so:
"Trotz Vernichtungsschlachten geht der Krieg weiter.
Die letzten vier Wochen sind gekennzeichnet durch größere Blutströme, stärkeres Anwachsen der Verwundetenzahlen, Tod und Vernichtung in unvorstellbaren Ausmaß, ständiges Anwachsen von Not und Elend, verschärfter Terror der Nazibanden gegen den wachsenden Widerstand der unterdrückten Völker. Nachfolgend einige Tatsachen, die zur Beleuchtung der Lage dienen werden."
An Tatsachen war den "Nazibanden" nicht gelegen. Allein schon die Überschrift der Ausgabe spricht für sich. Für Menschen, die die Sprache der damaligen Zeit nicht kennen, möchte ich den Hintergrund dieses Satzes erklären. Die Nazipropaganda sprach damals ständig von Schlachten, bei denen der Feind vernichtend geschlagen worden sei. Wenn also trotzdem der Krieg weitergeht, muss die Propaganda gelogen haben.
Weiter hieß es in der Zeitung, die die Niederlage der deutschen Armee vor Moskau kommentierte:
"Der Krieg gegen die Sowjetunion: Er hat allerdings im Jahre 1941 eine Entscheidung gebracht, aber nicht die von Hitler verkündete und von Goebbels ausposaunte... Die Rote Armee hat nicht nur Moskau gerettet, sie wird den deutschen Heeren das Schicksal der napoleonischen Armee bereiten."
Wie die "Nazibanden" den Gesinnungsterror durch Lug und Trug aufrecht erhalten konnten, zeigt das Schicksal von Daniel Seizinger, einem Mitglied der "Lechleiter-Gruppe". Ich zitiere wieder aus dem Buch von Fritz Salm:
"In der Betriebsschlosserei war niemand verhaftet worden. Doch auch in dieser Abteilung war "Der Vorbote" im Umlauf gewesen, wurden Parteibeiträge und Solidaritätsspenden gesammelt und weitergeleitet. Wo war die undichte Stelle? Das war die bange Frage. Als ein Kollege dieser Zelle, wegen einer Erkrankung nicht zur Arbeit erschien, da befürchteten seine Genossen, er sei verhaftet worden.
Was war geschehen, was wusste die Gestapo?
Zwei alarmierende Vorgänge waren den Verhaftungen vorausgegangen. Sie hatten zu äußerster Vorsicht gemahnt, zur sofortigen Einstellung der Tätigkeit für die Herausgabe der fünften Ausgabe des "Vorboten" und zur Beseitigung der Schreibmaschine und des Abziehgerätes.
Daniel Seizinger hatte Weihnachten 1941 ein Exemplar der Zeitschrift an den SS-Mann Burchardt weitergegeben.
Bei Burchardt, der ein Radiogeschäft besaß und zu einer SS-Einheit nach Berlin einberufen worden war, hatte Seizinger ab 1938 bis zum Ausbruch des Krieges als Vertreter gearbeitet.
Der SS-Mann war zu Urlaub in Mannheim, Seizinger diskutierte mit ihm und gab ihm die Zeitung.
Aus dem Schreiben an das Reichssicherheitshauptamt, mit dem Burchardt den Antifaschisten denunzierte, geht hervor, dass er mit der Überwachung von Seizinger beauftragt worden war.
Zitat:
Im Jahre 1938 erbot er sich, für mich als Reisender tätig zu sein. Da ich ihn als prompten Zahler kennengelernt hatte, war ich nicht abgeneigt, ihn bei mir zu beschäftigen. Ich frug jedoch vorher bei der Kreisleitung der NSDAP an und ebenso bei der geheimen Staatspolizei und zwar bei Kriminal-Inspektor Gerst. Von beiden Stellen bekam ich die Auskunft, dass gegen eine Beschäftigung des Seizinger nichts einzuwenden wäre. Im Gegenteil, dass erwünscht sei, Seizinger unter zuverlässiger Beobachtung zu haben.
Zitatende
Durch vorgespielte Unzufriedenheit mit der Kriegspolitik Hitlers erschlich sich der SS-Mann Vertrauen. Daniel Seizinger charakterisierte seinen Denunzianten bei einem Verhör mit dem im Vernehmungsprotokoll festgehaltenen Worten:
Zitat:
Ich bin der Absicht, dass Burchardt die Anzeige nicht aus nationalsozialistescher Überzeugung gemacht hat, sondern aus dem Grunde, eine Beförderung zu erzielen.
Zitatende
So war es, der SS-Mann Burchardt war als übler Streber bekannt. Was hat Seizinger wohl veranlasst, diesem Mann, den er bei der Vernehmung so treffend charakterisiert, in verhängnisvoller Weise sein Vertrauen zu schenken und ihm eine illegale Zeitung zu geben. Er wusste um die Gefährlichkeit seines Tuns. Ihm war auch die strikte Anweisung bekannt, eine Zeitung nur mit Zustimmung seiner Parteigruppe weiterzugeben.
Die Frau des Burchardt hatte dem Antifaschisten des öfteren erzählt, ihr Mann habe die Nase voll von der SS und dem Krieg Hitlers. Einmal sagte sie wörtlich:
Zitat:
In einem Brief an mich hat mein Mann geschrieben: Sollte mir je etwas zustoßen, dann sorge Du dafür, dass von diesen Verbrechern keiner an mein Grab kommt.
Zitatende
Und Burchardt selbst bestätigte solche Aussagen seiner Ehefrau jedesmal, wenn er, nach Mannheim in Urlaub kommend mit Daniel Seizinger zusammenkam. Der Aktivist Seizinger kam schließlich zu der Überzeugung, den SS-Mann für den antifaschistischen Kampf gewinnen zu können.
Am 19. März 1942 wurde Daniel Seizinger verhaftet.
Am 26. Februar 1942 begann die Verhaftungswelle mit der Verhaftung von Georg Lechleiter, Jakob Faulhaber, Rudolf Langendorf, Ludwig Moldzyk und Anton. Kurz Tags darauf folgte die Verhaftung von Käthe Seitz und am 28. Februar von Eugen Sigrist. In den folgenden Tagen wurden 26 weitere Antifaschisten besonders aus den Betrieben Lanz AG, Bopp & Reuther, Strebelwerk, Schiffswerft und Brown Boveri festgenommen."
Zweiundsiebzig Jahre danach wurde am 15. September 2014, erneut wie jedes Jahr, der Lechleiter-Gruppe in einer Gedenkstunde gedacht. Nun folgt ein Mitschnitt dieser Veranstaltung, die vor nahezu 100 Menschen am Denkmal der Lechleiter-Gruppe in der Schwetzingerstraße auf dem Lechleiterplatz stattfand:

Mitschnitt

Absage mit den Moorsoldaten

Im Anhang zur Sendung "Grenzenlos" vom 21. September 2014 möchten wir noch auf einen wichtigen Termin hinweisen:
Die Kultur- und Informationsveranstaltung "Lampedusa ist überall" findet im Rahmen der bundesweiten "Interkulturellen Woche" in Mannheim statt.
Die Veranstaltung "Lampedusa ist überall" findet im Laboratorio 17 in der Jungbuschstraße 19 statt.
Im Info-Blatt heißt es dazu:
Im Rahmen der bundesweiten "Interkulturellen Woche" 2014 führen wir unter dem Motto dieser Woche "Gemeinsam gegen Rassismus" eine Kultur- und Informations-Veranstaltung am Dienstag, den 23. September 2014 im Mannheimer Stadtteil Jungbusch durch.
Zum Programm gehören eine Ausstellung, ein Dokumentarfilm und eine Podiumsdiskussion. Vorurteile, die über Menschen aus anderen Ländern verbreitet werden, wollen wir kritisch hinterfragen. Die unzureichenden und oft unzumutbaren Lebensbedingungen der Geflüchteten in den Lagern und ihre oft diskriminierende Behandlung durch Behörden, Ordnungsamt, Sozialamt und Polizei wollen wir zur Sprache bringen. Außerdem wollen wir feiern. Daher haben wir für den Nachmittag ein kleines Fest mit Livemusik, Kaffee und Kuchen organisiert.
Die Veranstaltung beginnt um 16:00 Uhr mit dem Kulturprogramm. Es wird eine Fotoausstellung gezeigt mit fair gehandeltem Kaffee und Tee.
Um 17:00 Uhr folgt der Film "Residenzpflicht" und ein Filmgespräch.
Um 19:00 Uhr beginnt das Informationsgespräch mit Geflüchteten und verschiedenen Organisationen und Bündnisse, die sich mit den Problemen der Geflüchteten befassen. Die Moderation übernimmt Peter Annweiler, Pfarrer der CityGemeinde Hafen-Konkordien.
Um 21:00 Uhr wird die Veranstaltung mit Livemusik aus Chile und Italien beendet.
Nochmals zur Erinnerung:
"Lampedusa ist überall" im Laboratorio 17 in der Jungbuschstraße 19.
Die Veranstaltung findet am Dienstag, den 23. September 2014 ab 16:00 Uhr statt.
Playing time:0:59:45
Ton:nur
Comments:Das von der Lfk geförderte Projekt „Grenzenlos“ startete im Dezember 2006 und vereint im Freien Radio die Zusammenarbeit von Jung und Alt mit dem Engagement gegen Rassismus und Faschismus. Ein Team aus Menschen unterschiedlicher Generationen trifft sich seither regelmäßig um die Durchführung der geplanten Sendungen zu besprechen und diese zu realisieren.
Das Radioprojekt Grenzenlos konnte die grundlegenden Projektziele – die generationsübergreifende Zusammenarbeit und die inhaltliche Arbeit innerhalb des Themenkomplexes Antirassismus / Antifaschismus – erreichen:
Verschiedene Generationen waren sowohl innerhalb der Arbeitsgruppen als auch innerhalb des Kreises der ProjektbetreuerInnen vertreten. Die Zusammenarbeit innerhalb intergenerativer Arbeitsgruppen hat sich sowohl als spannende Grundbedingung gemeinsamer Arbeit herausgestellt als auch als Bereicherung was die Erfahrungshorizonte, die subjektive Sichtweise auf die gemeinsam zu erarbeitenden Themen und inhaltliche Kenntnisse angeht.
Das Themenspektrum der bis April 2008 sechzehn produzierten Grenzenlos-Sendungen entspricht mit der Beschäftigung mit Fragen der Migration und Integration, mit der neuen Bleiberechtsregelung für AsylbewerberInnen oder mit der Aufarbeitung regionaler nationalsozialistischer Geschichte den Vorgaben des Rahmens „Antirassismus / Antifaschismus“.
Aber auch die Projektziele der Vermittlung von Wissen über das „Radiomachen“ und die Vernetzung und Multiplikation in der Region konnten erreicht werden:
Die Projektteilnehmenden wurden in alle Phasen der Sendungsgestaltung mit einbezogen, so konnten alle Einblick in die vielfältigen Vorgänge erhalten, die für die Produktion einer Radiosendung notwendig sind. Von redaktionellen Tätigkeiten über Audioschnitt bis hin zur Studiotechnik konnten die TeilnehmerInnen somit Neues lernen. Grenzenlos konnte aber nicht nur verschiedene Generationen in einem Projekt vereinen, sondern auch verschiedenste regionale, ehrenamtliche und professionelle Initiativen und Gruppen, die in einen aktiven Prozess des inhaltlichen Austausches integriert werden konnten!
Conditions of access and use:GEMA Einschränkungen, dazu Aktenvermerk einsehen unter 16.41.06/1/2016
Aktenzeichen1:16.41.06/1/2016
Angaben zum Erwerb:Schenkung Klaus Penner, 2016
 

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Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

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URL: https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=1334512
 

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