AV2498 Oral History Projekt „Alle Wege führen nach Mannheim“: Interview mit Malgorzata Dormann, 2012 (Audiovisuelle Sammlung)

Archive plan context


Title:Oral History Projekt „Alle Wege führen nach Mannheim“: Interview mit Malgorzata Dormann
Ref. code:AV2498
Ref. code AP:AV2498
Originalmedium:nur digital vorhanden
Datumsbemerkung:04.12.2012
Creation date(s):2012
Rechte:Stadtarchiv Mannheim
Inhalt_AV:Maria Alexopoulou [i. F. MA]: Heute ist der 4. Dezember 2012. Wir befinden uns im Haus der Familie Dormann in der Dürkheimer Str. 43 in Mannheim-Käfertal. Mein Name ist Maria Alexopoulou und ich interviewe im Rahmen des Oral History Projekts „Alle Wege führen nach Mannheim“ Frau Malgorzata Dormann, geborene Przyjemska. Frau Dormann sind Sie damit einverstanden, dass dieses Interview aufgenommen wird?
Malgorzata Dormann [i. F. MD]: Ja.
MA: Vorab würde ich Sie gerne fragen, wie lange Sie in Mannheim schon leben oder seit wann oder seit wie vielen Jahren?
MD: In Mannheim seit siebeneinhalb, acht Jahren.
MA: Und in Deutschland, war das Ihre erste Station hier?
MD: Nein, Speyer war erste. Also in Speyer habe ich ein Jahr gewohnt.
MA: Was ist Ihre jetzige Staatsbürgerschaft?
MD: Polnisch und Deutsch, seit ein paar Monate habe ich diese deutsche Bürgerschaft bekommen.
MA: Und Ihr Beruf, also momentan sind Sie ja in Elternzeit, aber Ihr Beruf?
MD: Ich bin Soziologin von Beruf, aber ja…
MA: Gut, dann würde ich Sie mal in die Vergangenheit bitte. Und zwar erst mal die Frage, wo und wann Sie geboren sind, dass Sie ein bisschen was erzählen über Ihren Geburtsort, Ihre Familie, Ihre Kindheit. Auch so Sachen wie Beruf der Eltern, Wohnverhältnisse, Ihre Geschwister, also so was Ihnen so einfällt.
MD: Okay. Also ich bin am 25. März [19]77 geboren in Breslau. Aber ich habe schon seit meiner Geburt in der kleinen polnischen Kurort-Stadt in Bad Landeck, das ist die deutsche Name, polnische Name Lądek Zdrój, gewohnt mit meinen Eltern und mit meinem Bruder, der ist dreizehn Jahre älter als ich, der war schnell im Internat und dann habe ich eigentlich mit meine Eltern gewohnt. Mein Vater ist Arzt von Beruf, meine Mutter Friseurin. Ich war auch in dem Ort in der Grundschule und im Gymnasium gewesen. Ja, da ist eigentlich… also im Ort gibt es keine andere Familie von mir, sondern viele Freunde und Bekannte, also es ist, in dem kleinen Stadt sind alle sehr befreundet und alle kennen sich. Da habe ich mich eigentlich wohl gefühlt, aber das war mir doch zu klein dann, als ich schon älter war, und nach dem Abitur bin ich nach Grünberg, das ist auch deutsche Name das Stadt, polnische Name ist Zielona Góra, da bin ich weggefahren und dort habe ich studiert, sechs Jahre.
MA: Also Soziologie?
MD: Genau. Und in der Stadt hat auch mein Bruder dann, also schon vorher mit seiner Familie gewohnt. Aber ich habe nicht bei ihm zu Hause gewohnt, sondern auch alleine und im Studentenwohnheim dann in eine Wohnung. Und dann bin ich wieder, nach dem Studium habe ich überall Arbeit gesucht, aber dann bin ich doch zu meiner Mutter zurückgekommen. Meine Eltern haben sich in dieser Zeit getrennt, also als ich studiert habe, und dann habe ich angefangen im Rathaus zu arbeiten.
MA: In dieser Stadt?
MD: Genau. Als Bürgermeistersekretärin dann noch in so Promotion-Stadt-Abteilung.
MA: Aha, okay. So Imagekampagnen.
MD: Genau, so verschiedene Festen, Stadtfesten usw., und da war auch diese Zeit, wo Polen in EU Mitglied geworden ist und da musste man auch in diesem Bereich viel unternehmen und Leute informieren usw., das haben wir auch gemacht. Aber das war alles, dieses Projekt war dann irgendwann zu Ende und war im Moment keine Arbeit mehr für mich. Da ist noch jemand zurückgekommen und deswegen ich habe nicht gewartet bis da irgendwann was frei ist, ich bin nach Deutschland gekommen. Ich habe entschieden, dass ich diese Gelegenheit nütze, dass ich meine Cousine und meine Tante besuchen kann und auch Deutsch lernen kann.
MA: Wo haben die gelebt, die Tante und die Cousine, hier in der Region dann?
MD: Genau. Die Tante wohnt immer noch in Schifferstadt und die Cousine hat in Speyer gewohnt.
MA: Und wann waren die nach Deutschland gekommen?
MD: Die Tante schon länger, also schon vor zwanzig Jahren oder so. Und die Cousine, die war schon fünf Jahre da, als ich gekommen bin, also auch schon eine gewisse Zeit.
MA: Das heißt die Gelegenheit… Sie sagen, als dann Polen in der EU war und man Reisefreiheit hatte oder wurden Sie eingeladen?
MD: Genau, ich war eingeladen, gerade war mein Vertrag zu Ende. Ja, ich hatte nichts zu verlieren, zu gewinnen oder so und dann bin ich… ich habe nur geplant für drei Monate, also nur…
MA: Einfach nur um Deutsch zu lernen?
MD: Genau.
MA: Mal gucken wie es hier so ist oder so?
MD: Genau. Ich dachte, „Ach, da mache ich schnellen Deutschkurs und dann komme ich wieder nach Polen, dann suche ich wieder einen Job, vielleicht mit dieser Sprache wird noch leichter“ und so was.
MA: Als Jobchance, also als weitere Qualifikation sozusagen?
MD: Ja, genau.
MA: Vielleicht nochmal zurück in die Vergangenheit, also Sie haben dann auch noch ein bisschen so diese Zeit, diese sozialistische Zeit, miterlebt. Haben Sie da noch Erinnerung wie das dann auch war damals mit der Wende, wie haben Sie das damals alles so erlebt und…?
MD: Also ich erinnere mich sehr viele Kleinigkeit noch von sozialistischen Zeiten und es war echt andere Welt. Auch in der Schule, auch auf der Straße usw. Also meine Eltern haben zwar zu dieser Opposition gehört, das war nicht so immer klar gesagt. Also mein Vater war auch sehr bekannt in diese kleine Stadt als Arzt und konnte sich nicht so äußern und so, frei äußern, aber ich wusste schon als Kind, dass meine Eltern was anderes denken und dass ich es nicht immer alles sagen kann in der Schule oder außer der Wohnung. Und manchmal sind auch zu uns Leute gekommen zu irgendwelcher Geburtstagsfeier oder so, die haben zur sozialistischen Partei gehört. Also das war alles so getrennt, also so… meine Zuhause und das ganze Welt, das war manchmal so eine Unterschied, große Unterschied für mich. Aber ich habe als Kind es schnell schon begriffen und ich fand das einfach interessant. Und naja, also wir mussten natürlich von der Schule auch zu diese – wie heißt denn das noch, also auf Deutsch, diese Protestation? – also Erster Mai.
MA: Also so Märsche oder Demonstrationen? Erster Mai, ja Demonstration?
MD: Demonstration, genau. Da mussten wir immer hin und so. Und natürlich war nichts zu kaufen. Das kann ich mich sehr erinnern, also im Fleischladen da war nur leere Haken, also kein Fleisch oder so. Oder Weihnachten dann, ich erinnere mich sehr gut, diese Orangen das war sehr was Besonderes. Also solche Kleinigkeiten auch, also man konnte nicht alles haben, obwohl man Geld hatte, oder… Ich hatte schon mehr als andere Kinder, weil meine Eltern hatten auch noch Freunde im Militärbereich, und die haben immer…
MA: Die hatten dann immer alles gehabt irgendwie?
MD: …von Russland oder so alles bekommen, Schokolade oder noch was, technische Produkte oder so was, da konnte man ab und zu was noch kaufen. Und sonst, also so genau diese Wende kann ich mich nicht erinnern. Das war ziemlich flüssig, das war nicht so von heute auf morgen, sondern so, so langsam.
MA: Da waren Sie ja auch noch in der Schule? Waren Sie dann wahrscheinlich im Gymnasium?
MD: Also gut in Polen dauert die Grundschule acht Jahre.
MA: Ach so da waren sie noch in der Grundschule zu der Zeit.
MD: Ja, ja. Aber das kann ich… also meine Beobachtung war, aha, alle Leute, die so da so wichtig und mächtig waren, waren dann nicht mehr so, waren dann still und so freundlich.
MA: Okay. Ja wahrscheinlich in so einem kleinen Ort ist es dann auch viel, viel sichtbarer so was.
MD: Ja, und meine Mutter war plötzlich viel lauter [lacht]. Sie konnte so endlich alles…
MA: Ihre Meinung sagen.
MD: Obwohl sie hat damals ab und zu schon gesagt, aber das war schon Risiko, also das…
MA: Und Ihre Eltern waren aus beruflichen Gründen dann, weil Sie sagen, dass Sie in Breslau geboren sind, waren dann aus beruflichen Gründen an diesen Ort gezogen?
MD: Ja, mein Vater hatte natürlich dann so gemütliche Stelle in diesem kleinen Ort für das gleiche Geld. Das war damals nicht so, dass man…
MA: Das war dann staatlich dann alles irgendwie organisiert. Okay. Ja und sind Sie dann auch gereist mit der Familie, also nachdem dann der Ostblock aufgelöst war, sind Sie dann auch mal in den Westen sozusagen gereist oder vorher, bevor Sie dann selber gekommen sind?
MD: Nein, gar nicht. Also okay, diese Stadt, wo wir gewohnt haben, das ist auch direkt an der polnisch-tschechischen Grenze, aber da konnte man schon damals auch reisen. Und wir waren nur, aber auch in diesen sozialistischen Zeit in Bulgarien, meine Mutter war da in Russland, weil sie ursprünglich von Ukraine, also damals war noch Polen, in diese…
MA: Ein Teil, der nach dem Krieg dann an die Ukraine ging?
MD: Genau, ja. Dann quasi auch… Okay, also meine Eltern haben auch nach DDR Ausflüge gemacht, aber das war auch noch in der sozialistischen Zeit. Danach… also das war nicht so einfach, dass man gleich fahren konnte, weil da war trotzdem Kontrolle, auch die Grenze und so, und… Okay das war dann mehr in Polen zu kaufen, da hatte man nicht so dieses Bedürfnis. Und in Urlaub dann hat mein Vater viel auch gearbeitet zum Beispiel an der Ostsee in Polen. Dann er hat ein bisschen gearbeitet, er hat eine Wohnung bekommen und wir waren dann zusammen sehr oft an der Ostsee und ich war dann ein Mal mit dem Gymnasium in Italien. Aber sonst haben wir nicht so besonders viel gereist. Dann war, später war das natürlich schon auch teuer und meine Eltern sprechen keine Fremdsprachen, also meine Mutter Russisch und mein Vater bisschen auch, aber das war wahrscheinlich auch diese Barriere. Obwohl mein Vater hat dann als Arzt auf dem Schiff, also sehr großem Tankschiff, gearbeitet. Er hat eigentlich die ganze Welt schon so teilweise gesehen, aber er war nur auf dem Schiff und nur kurz auf dem Land, wieder weiter, er brauchte dann nicht viel zu sprechen.
MA: Und Sie, so als Studentin oder so, mal so irgendwie gereist?
MD: Als Studentin, nein. Ich war in Polen meistens im Urlaub. Da war auch dann schon Problem mit dem Geld meistens. Da musste ich manchmal arbeiten. Ah ja, ich war in Deutschland…
MA: Also doch! [lacht]
MD: Ich war in Deutschland, dann ja, das war nach dem vierten Semester oder so, da waren wir in eine so in Wiesenhof, das ist so Fleischindustrie.
MA: Ah, ja.
MD: Ganz oben da.
MA: Das ist wo diese Hühner…
MD: Ja [lacht].
MA: Wie kam das? War das vom Studium irgendwie?
MD: Ja, das hat ein Mann aus Grünberg, ein Lehrer, der hat da immer in den Sommerferien gearbeitet, und dann hat er das so sich mit dem Wiesenhof so verknüpft, dass er dann organisiert hat, dass Studenten von Polen nach, also in der Sommerpause, als andere Mitarbeiter Urlaub hatten dann…
MA: Ach so, als Job dann, oder…?
MD: Ja, als Job.
MA: Das heißt Sie haben dort dann gejobbt sozusagen? Studentenjob?
MD: Ja, zwei Monate oder so.
MA: Okay. Das heißt Sie kannten dann gleich die deutschen Arbeitsdings…
MD: Naja, es war echt schrecklich, aber…
MA: Wie war das damals? Was haben Sie da gemacht?
MD: Also da waren tausende verschiedene Ställe, ich hatte Glück ich war nur an dem Band. Da musste man so Fleischstücke da auf den Band legen, aber da waren auch, musste man diese Leber und alles raus reißen.
MA: Lecker.
MD: Also war keine schöne Job und auch keine schöne Verhältnisse zum Wohnen und so…
MA: Okay. Haben Sie da so…
MD: So Baracken. Genau, so. Nein, das war nicht schön, aber hat jeder sich gefreut, dass man Geld verdienen konnte. Obwohl es für deutsche Möglichkeiten das war das Minimum, aber für polnische Studenten war das schon viel damals.
MA: Und dann waren im Sommer nur Studenten aus Polen da oder auch aus anderen Ländern?
MD: Nein, da waren auch andere Mitarbeiter.
MA: Ach so, also die normalen Mitarbeiter und dann noch irgendwie Studis aus Polen. Aber die hatten jetzt nicht noch mit anderen Ländern so…
MD: Nein, nein. In diese Zeit nicht.
MA: Und haben Sie da irgendwie auch noch was anderes von Deutschland sehen können oder waren Sie da sehr?
MD: Ja, da hatten wir schon ein paar Ausflüge gemacht. Waren auch ein paar Leute, die schon vorher dort gewesen waren, also zum Beispiel Germanistikstudenten oder so, die haben auch viel gewusst, und so. Also das war der erste Kontakt zu Deutschland, ja.
MA: Das heißt Sie hatten schon, als Sie dann entschieden haben erst mal, ja gut, Sie haben ja nicht bewusst entschieden zu emigrieren, aber Sie hatten schon eine Vorstellung von Deutschland als Sie kamen, mehr oder weniger. Wie war diese Vorstellung, also was für Bilder hatten Sie damals von Deutschland? Ich meine, die deutsch-polnische Geschichte ist ja auch sehr…
MD: Kompliziert.
MA: Nicht gerade irgendwie [lachen]… Ja, also da gibt es ja ganz… Also was waren so Ihre Gefühle oder Ihre Bilder von Deutschland oder Ihre Gefühle für Deutschland so allgemein?
MD: Es war nicht so positiv.
MA: Glaube ich.
MD: Also überrascht war für mich, dass da so viele Ausländer ist, echt habe ich das… das war mir nicht so bewusst, dass Deutschland…
MA: Haben Sie damals schon beim ersten Mal, wo Sie da waren das so festgestellt?
MD: Ja. Aber na gut, ich hatte dann so… Ich habe zwar paar Ausflüge gemacht, aber sonst hatte ich meistens nur Kontakt mit diesen Leute von dieser Fabrik. Dann dachte ich vielleicht ist das nur in diesem Bereich so extrem. Da waren auch natürlich sehr viele türkische Arbeiter und auch russische und so. Ja, das war für mich überrascht, und also das ist auch so, ich glaube diese Stadt heißt Lone oder Lünne, irgendwie so, es ist kein große Stadt und es war immer so leer, das hat mich immer so überrascht, war kein Mensch auf der Straße oder so. Vielleicht manchmal im Zentrum, aber so wie… also so wie ich jetzt gerade auch wohne, da laufen nicht so viele…
MA: In diesen reinen Wohngebieten halt.
MD: Ja, das ist, das ist schon Unterschied zwischen Deutschland und Polen ist oft auf den ersten Blick, dass die Leute nicht so offen miteinander sind.
MA: Ja und sonst, allgemeinere Bilder über Deutschland?
MD: Natürlich war schön alles, die Häuser renoviert, und das sieht man, dass man viel Geld hat und leben und so, dass die Leute viel kaufen oder so, und sieht man einfach das Geld, dieser finanzielle auch Unterschied.
MA: Und von Ihrer Tante, wenn Sie sagen die war schon länger da, haben Sie da auch… hat Sie, also war sie auch mal in Polen und haben Sie sie gesehen und hat sie was erzählt von ihrem Leben und so?
MD: Also ich habe sie nicht so oft gesehen, aber natürlich als sie gekommen ist sie hat auch anders ausgesehen und sie hat da immer einkaufen gegangen. Also das machen immer noch Polen, die von Deutschland nach Polen kommen…
MA: Bringen Geschenke?
MD: Ja, Geschenke und dann gehen sie tausend Sachen einkaufen und zum Friseur und zum Café und alles Mögliche macht man dann. Aber das wusste ich schon, nicht nur von meiner Tante, dass einfach in Deutschland mehr Geld hat als in Polen, das wusste ich schon in sozialistische Zeiten, als die Kinder so Pakete von RNF [BRD] bekommen haben. Aber ich muss sagen meine erste Gedanken über Deutschland, das war wahrscheinlich auch von allgemeine Meinung, die in Polen herrscht, geprägt, dass in Deutschland, die sind alle so kalt und das ist also so nicht traurig, aber so…
MA: Trist?
MD: So still und so korrekt und natürlich auch ausländerfein… also so gegen Polen sind die Deutschen auch nicht so freundlich.
MA: Ja, das ist ja… gerade dieser Punkt hat ja eine sehr lange Tradition sag ich mal, ich meine schon im Kaiserreich gab es ja… wurden ja Polen und Polinnen als Gastarbeiter damals schon angeworben, aber man hat ja dann auch alles getan, um sie dann auch wieder abzuschieben. Und es gibt ja auch viele solche Bilder und Klischees und rassistische Vorurteile…
MD: Ja.
MA: …gegen Polen, und da greife ich jetzt ein bisschen vor, aber da wir gerade dabei sind: Haben Sie, als Sie dann auch hier waren, das auch so empfunden, dass Sie konfrontiert wurden mit solchen Vorstellungen?
MD: Ja, bis heute noch.
MA: Und in welcher Form äußert sich das dann so, haben Sie da ein paar Beispiele?
MD: Damals natürlich, als ich nicht so gut sprechen konnte, dann war das so, das ist so Art von Ignoranz sozusagen. Das war damals sogar stärker, jetzt ist nur eine sanfte Form, einfach… Aber ich bin nicht immer hundert Prozent sicher, ob das meine schon Einstellung ist, oder weil die Person immer so andere Menschen so betrachtet, das ist auch, kann man das nicht so hundert Prozent immer wissen.
MA: Und so Fälle, wo Sie das Gefühl hatten, dass Sie wirklich diskriminiert wurden, weil Sie Migrantin sind? Jetzt unabhängig, ob Polen oder… Oder so Situationen, wo Sie dachten: Ja, wenn ich jetzt Deutsche wäre, würde das jetzt anders laufen, oder würde ich jetzt nicht so oder so behandelt? Also… aber so wie Sie sagen denke ich schon, dass Sie auch solche Erfahrungen hatten.
MD: Also ich, zum Beispiel jetzt kann ich mich an sehr gutes Beispiel noch von diesen Zeiten, wo ich diese Ferienjob gemacht habe, erinnern. Weil wir waren dann nur polnische Gruppe, aber paar davon haben sehr gut Deutsch gesprochen, und wir wollten in eine Disco oder so, und dann haben die gesagt, nein.
MA: Also haben Sie auch gesagt warum?
MD: Ja.
MA: Weil Ihr Polen seid?
MD: Ja, also Polen oder Türken nie, haben nicht so gerne, weil dann immer Probleme gibt.
MA: Okay, gut. Das heißt, Sie kannten diese Dinge also schon auch am eigenen Leib, als Sie dann auch tatsächlich dann hierher kamen.
MD: Aber ich kann noch dazu ein Wort sagen, dass ich auch seit ich hier in Mannheim wohne, dann meistens auf der Straße muss ich sagen, wenn ich Polen treffe oder sehe, dann bin ich echt auch… Ich will mit denen nicht so viel zu tun haben. Weil das sind meistens… Also das ist wahrscheinlich auch deswegen, dass es immer so unlegal war oder, keine Ahnung. Viele von Polen, die sind einfach so Flüchtlinge von Polen, die also keine andere Möglichkeit hatten.
MA: Meinen Sie solche, die schon länger hier sind?
MD: Ja.
MA: Weil eigentlich seit 2004 darf man doch. Ich weiß jetzt gar nicht genau ist da Freizügigkeit mit Polen, also dürfen Polen einfach einreisen oder gibt es da noch…
MD: Ja, ja, also jetzt sowieso. Aber damals…
MA: Seit 2004, gell?
MD: Genau. Als ich erstes Mal gefahren bin war noch zwar Kontrolle auf der Grenze, aber die konnten niemanden verbieten einfach so.
MA: Sie meinen jetzt aber Leute, die schon früher hier waren?
MD: Ja, schon… genau. Und die ziehen noch die nächsten so, Freunde oder so, von dieser soziale Schicht, und… Also ich habe erst so nette und so normale Polen in diese polnische Gemeinde getroffen. Und da mit meiner Cousine noch, da sind noch ein paar Leute. Aber so viele auf der Straße die sind echt so, ja, die Leute die Probleme, verschieden Orte machen, und…
MA: Inwiefern, weil…?
MD: So z.B. die klauen oder…
MA: Also so mit Kriminalität?
MD: Genau, also oder betrinken sich und dann schlagen sie sich und muss Polizei kommen, also…
MA: Also so ein soziales Problem dann von der Schicht, dass die auch nicht so qualifiziert sind, qualifizierte Jobs bekommen.
MD: Genau, ja.
MA: Hier in Mannheim gibt es ja, das muss ich ehrlich sagen, vor dem Projekt wusste ich das gar nicht, dass es hier in Mannheim auch seit hundert Jahren eigentlich schon einen polnischen Verein auch gibt. Ich weiß nicht inwiefern Sie da wissen, das war ja vor ein paar Jahren oder letztes Jahr oder so, dieses 100jährige Jubiläum von einem dieser Vereine.
MD: Ja, aber ehrlich gesagt, ich sehe keine Spur von Leben. Diese… ich weiß nicht was die machen, aber die sind, vielleicht diskutieren über Polen oder ich weiß nicht, aber so…
MA: Was die genau machen? Ja, das ist nicht so zentral irgendwie, dass man das dann so... Gut, aber wir sind jetzt ein bisschen – aber ist ja auch egal, aber vielleicht bringe ich uns wieder ein bisschen zurück zu damals, wo Sie dann für sich entschieden haben, „Okay, ich gehe jetzt mal nach Deutschland“. Das heißt Sie haben sich auch gar nicht so vorbereitet, haben nicht alles mitgenommen was Sie hatten, sondern sind einfach mal, einfach her gereist?
MD: Nein. Nur mit einer Tasche einfach so wie wenn man in Urlaub fährt.
MA: Und wie ging es dann weiter?
MD: Dann habe ich mit meiner Cousine gewohnt zusammen und dann habe ich diese Sprachkurs gemacht. Und bisschen gejobbt dann so auch als Spülkraft.
MA: Okay. An der Volkshochschule?
MD: Genau, in Speyer.
MA: Und den Job konnten Sie dann finden auch über Bekannte oder über…
MD: Ja, über meine Cousine, sie hat auch…
MA: Dort gearbeitet. Im Restaurant oder was?
MD: Genau. Und dann konnte ich dank ihr das machen und bisschen Geld einfach für das Leben haben. Meine Eltern haben, ja, die konnten das nicht unterstützen. Okay, mein Vater wollte es nicht und meine Mutter…
MA: Ihr Vater wollte nicht, dass Sie nach Deutschland gehen?
MD: Seit die getrennt sind hat mein Vater… Also seit ich auch mein Studium beendet habe, dann hat er gesagt, ich bin erwachsen und ich muss mich selbst um mich…
MA: Insofern, also nicht, dass er dagegen was hatte, sondern überhaupt gesagt... Und dann? Als Sie dann da waren und…?
MD: Ja, dann habe ich eine Kurs, Deutschkurs gemacht, und dann… Also natürlich die ersten Tage waren die Hölle für mich. Und dann ist meine Cousine… Weil meine Cousine ist in Urlaub gefahren und ich habe auch ihren Job übernommen und dann ist sie nach drei Wochen oder so gekommen, ja. Und also ich hatte diesen Minijob, dann hatte ich was zum Leben und das war für mich eigentlich so wie ein Abenteuer. Und dann habe ich entschieden, „Okay, dann mache ich noch einen Deutschkurs“. Und dann bin ich wieder für drei Monate geblieben oder ich weiß nicht genau wie lange das nächste gedauert hat. Ja, und dann irgendwann, also nicht länger als nach halbem Jahr dann habe ich meinen heutigen Mann getroffen, und das war‘s…
MA: Und das war‘s [lachen]. Wie kam es, wie haben Sie sich kennengelernt?
MD: Wir haben uns in Neustadt auf einem, das war so Konzert, kennengelernt. Also einfach nur getroffen und kurz gesprochen und dann bin ich noch ein paar so Ostern oder… Ich bin weggefahren nach Polen, aber dann wir haben Kontakt gehabt und dann haben wir uns… Ich habe natürlich, als ich nach Deutschland kam gesagt, „Ich werde nie einen deutschen Mann wollen“. Ich konnte mir das überhaupt nicht vorstellen. Viele polnische Mädchen haben gedacht, „Ach, das wäre doch schön, weil das ist eine Tür öffnet hier zu leben“, aber ich habe immer gesagt, „Nein, überhaupt nicht!“
MA: Warum also gerade wegen diesen Vorstellungen?
MD: Nein, nicht deswegen, wegen Sprache. Das war für mich das… also es war für mich unnatürlich mit meinem Freund auf Deutsch zu sprechen, das war…
MA: Also nicht Polnisch sprechen zu können?
MD: Ja und ich konnte nicht… gut, ich kann immer noch nicht so gut, aber…
MA: Naja, also bitte, Sie sind schon ziemlich gut.
MD: Ja, aber damals sowieso nicht, und ich… Für mich war das immer so wichtig, sich zu unterhalten.
MA: Wegen dem Austausch, den man dann miteinander hat?
MD: Genau. Aber okay, mein Mann, der ist kein typischer Deutscher. Also er ist einfach so ein bisschen verrückt [lacht], das hat mich überzeugt. Also er hat viel leichter dann für mich… also auch andere Deutschland gezeigt, auch seine Freunde. Das war die erste Gelegenheit bisschen anderes Deutschland kennenzulernen. Seine Eltern, die kommen auch aus DDR sind die gekommen nach der Wende.
MA: Okay. Und er hat dann damals schon in Mannheim gewohnt?
MD: Nein, er hat… also meine Schwiegereltern wohnen immer noch in, das ist kleines Dorf, Klingenmünster heißt das, das ist in der Nähe von Landau. Und er hat, als ich ihn kennengelernt habe, da hat er in Stuttgart gearbeitet, das war seine erster Job in Stuttgart, und…
MA: Was macht Ihr Mann?
MD: Er ist biologisch-technischer Assistent. Er hat auf der Uni… also in Forschung arbeitet er, seine zweite Job ist auch jetzt in Mannheim, ZI [Zentralinstitut für Seelische Gesundheit] im Forschungsbereich.
MA: Also er ist Biologe. Und er war damals auch schon berufstätig und war dann zufällig eben in Neustadt auf einem Konzert?
MD: Ja, er hat auch in Landau dann…
MA: Hat die Eltern besucht.
MD: Also am Wochenende hat er dann in Landau gewohnt und unter der Woche in Stuttgart und dann war er mit seinem Freund in Neustadt und ich auch also aus Speyer, er aus Landau und dann haben wir uns da getroffen.
MA: Okay. Und wie schnell ging das dann, dass Sie da zusammen gekommen sind?
MD: Also das war von seiner Seite… Ich war immer noch sehr vorsichtig am Anfang, obwohl ich ihn gemocht habe, aber ich habe immer noch gedacht, was mache ich dann mit ihm hier weiter?
MA: Und in der Zeit bevor Sie ihn kennen gelernt haben, haben Sie so gedacht, ah ja… oder hatten Sie so Gedanken schon, dass Sie vielleicht länger bleiben oder hier bleiben, oder war das noch alles so total offen bei Ihnen?
MD: Eigentlich habe ich immer gedacht, ich fahre bald wieder zurück.
MA: Es war jetzt nicht so dass Sie dachten, dass Sie das Leben hier dann so viel besser fanden oder gedacht haben, „Ah, hier ist alles toll und ich will hier sein“ oder so?
MD: Das war vielleicht schöner, weil man leichter fürs Leben Geld verdienen konnte.
MA: Also doch leichter, trotz dieses…
MD: Finanziell.
MA: …Job, also weil Sie haben ja dann, vorher haben Sie ja als, mit dem Bürgermeister gearbeitet und dann plötzlich gespült, also das ist ja dann schon… und dennoch haben Sie da besser verdienen können?
MD: Ja, ich konnte besser hier in Deutschland als Spülkraft verdienen als diese Sekretärin in Polen.
MA: Also so vom Lebensstandard, dass es einfach besser war.
MD: Ja. Aber das war mir irgendwie nicht das Wichtigste.
MA: Also das Lebensgefühl, das gute, hatte da noch gefehlt irgendwie?
MD: Ja, meine Freunde und Familie und ja…
MA: Und hier so am Anfang, waren Sie eher mit – dann wahrscheinlich mit Freunden von Ihrer Cousine – waren das dann auch Deutsche, oder vor allem…?
MD: Nein, nein, das waren meistens Polen. Und das waren… Okay, mit meine Cousine ich verstehe mich ziemlich gut, aber die Freunde, die sind schon aus andere Welt als ich, die haben auch andere Werte oder andere Ziele oder so was und das war mir nicht genug schon damals. Ich konnte nicht diese ähnliche Seele finden hier, also. Und es war eigentlich mein Mann, obwohl ich mich mit ihm nicht gut unterhalten konnte, aber wir haben vielmehr schöne Sachen gemacht, Konzert oder ins Theater sogar zu gehen, ich konnte die Hälfte nicht verstehen, aber das war schon diese andere Welt einfach, andere Gefühl.
MA: Und dann hat er irgendwann einen Antrag gemacht?
MD: Nein, dann bin ich umgezogen nach Mannheim zu ihm.
MA: Ah, er war dann inzwischen auch… Also weil er dann einen Job im ZI hatte, dann sind Sie zusammengezogen.
MD: Ja. Also er war schon in Mannheim und auch mit meiner Cousine sind so Probleme entstanden und wir konnten nicht mehr zusammen wohnen, dann hat er gesagt, „Ach komm, wir wohnen dann zusammen“. Also ich würde das wahrscheinlich nicht so schnell machen, aber deswegen dass gerade…
MA: Hat es gepasst gerade.
MD: Ja, dann habe ich das gemacht. Und dann haben wir ein Jahr vielleicht zusammen gewohnt und dann war ich schwanger und dann war schon das ernste Leben.
MA: Okay. Und am Anfang, wo haben Sie da gewohnt?
MD: Das war in Mannheim in der Dammstraße auch Neckarstadt.
MA: Ja, da irgendwie ich kannte da auch Leute, wo der Mann im ZI gearbeitet hat. Das ist sehr praktisch, da muss man ja einfach über die Brücke.
MD: Jaja, das war schon gut.
MA: Und wie war so Ihr Eindruck von Mannheim, also von Speyer kommend dann in Mannheim? Ich weiß gar nicht wie es in Speyer ist, aber hier in Mannheim leben ja auch ganz, ganz viele Migranten, also vierzig Prozent des Bevölkerungsanteils hat ja Migrationshintergrund. Wie haben Sie das damals empfunden, also wie war das für Sie oder war es überhaupt anders als Speyer? Ich weiß jetzt gar nicht genau wie es in Speyer ist.
MD: Also gut, die Stadt finde ich, also Speyer finde ich schönere Stadt als Mannheim. Also mit dem Dom, da ist so diese große Kathedrale und so und einfach viele schöne alte Gebäude und das fand ich schöner. Aber in Mannheim gibt es mehr Möglichkeiten, kann man viele schöne Sachen auch machen hier, unternehmen auch. Aber von der Gesellschaft, von den Leuten fand ich einfach nicht so schön, weil das mir so noch fremder, also mit diese alle Ausländer.
MA: Also das hat bei Ihnen eher so Fremdheitsgefühle dann ausgelöst?
MD: Ja, es ist so. So viele türkische Menschen und noch so viele alle andere. Das.. also ganz am Anfang fand ich das nicht so positiv oder so dass ich mich besser gefühlt habe. Dann hatte ich sogar Gefühl die Deutsche sind noch stärker gegen die Ausländer, also noch…
MA: Okay, das hatten Sie in Mannheim stärker das Gefühl?
MD: Also ich habe das so gedacht, wenn da so viele diese Ausländer hier wohnen, haben die Deutsche bestimmt keinen Bock auf die alle.
MA: Okay. Und hat sich das dann auch so bestätigt so dieser Gedanke?
MD: Ja, ja, manchmal. Zum Beispiel ich kann nicht vergessen, in einem Laden so Streit an der Kasse zwischen deutsche Kassiererin und türkische Kunde, also er hat halt gesagt: „Ja, Ihr wolltet doch uns als Gastarbeiter“ also so echt so mit Schimpfworte, so Streit.
MA: Also dass Sie das Gefühl haben, dass das hier schon ein Konfliktthema auch ist?
MD: Ja. Dass die Deutsche eigentlich das nicht so unbedingt wollen, dass da also dieser Ausländeranteil so groß ist. Also die einfach vielleicht die Politiker oder so wollen die das, aber diese ganz normale Mannheimer, Mitbewohner, die sind nicht so glücklich damit.
MA: Und haben Sie das Gefühl, dass es sich gegen bestimmte Gruppen besonders wendet, also dass es da so versch.. auch Unterschiede gibt, oder dass es so…?
MD: Jaja, da gibt es natürlich Unterschiede. Also Osteuropa und Türkei und diese alle andere exotische Länder, für die sind Deutsche mehr negativ eingestellt, aber natürlich Frankreich und England und so Italiener das ist so halb-halb, aber so diese ganze westliche Europa das ist immer so „Wow“ und so und „schön“ und…
MA: Jaja. Das ist halt… ja. Haben Sie eigentlich in dem Jahr, wo Sie dann da waren hier in Mannheim auch gearbeitet, haben Sie da weiter so Erfahrungen…? Weil dann wurden Sie ja schwanger und dann war es wahrscheinlich erst mal…
MD: Also ja, dann später nicht mehr. Aber ich bin noch nach Speyer so zwei, drei Tage in der Woche, gefahren. Und dann hatte ich auch so, habe ich auch so Haushaltshelferin gearbeitet, also so…
MA: Hier in Mannheim dann?
MD: Ja, genau. Also so Minijob.
MA: Und so in Ihrem Bereich so als Soziologin?
MD: Nein, das kann ich sogar bis heute nicht schaffen.
MA: Weil, wenn Sie sich bewerben kein… Wird das anerkannt, Ihr Abschluss?
MD: Ja. Ich war auf der Uni, das ist anerkannt. Aber das ist schon so lange, also nach mein Abschluss ist schon so lange Pause jetzt entstanden, es ist schon über zehn Jahre. Und ich habe auch keine richtige Berufserfahrung. Und noch ich habe das in Polen abgeschlossen und meine Sprache ist auch noch nicht so an diesem entsprechenden Niveau und ich habe keine Connection. Also ich habe vor zwei Jahren so ungefähr einen Kurs gemacht für Berufsrückkehrerinnen und dann habe ich gedacht, also ich habe da nicht unbedingt Arbeit gesucht, sondern ich habe gedacht, ich kann vielleicht als Praktikum in meinem Beruf arbeiten.
MA: Genau, so als Einstieg dann.
MD: Ja, aber das hat nicht geklappt. Also es hat sich niemand gemeldet. Und eigentlich war das gut, dass ich das gemacht habe, weil jetzt weiß ich also ich würde das nichts noch bis Ende also meines Lebens damit kämpfen. Ich kann noch andere Beruf lernen, also…
MA: Also wollen Sie ganz was Neues jetzt… oder haben Sie schon was Neues begonnen?
MD: Nein, noch nicht, aber ich plane das.
MA: Sie haben es vor. Was?
MD: Jetzt…
MA: Ah, es ist noch nicht spruchreif, okay, gut, gut, gut [lacht]. Wie war das eigentlich als Sie auch in Speyer waren? Gut, da waren Sie ja mit Ihrer Cousine und in deren Umfeld, und dann als Sie neu hierher dann kamen, hatten Sie da auch schon Leute oder einen Freundeskreis oder war das dann der Freundeskreis Ihres späteren Mannes wo Sie dann rein… oder was waren denn Ihre Kontakte so am Anfang, oder wie hat sich das dann so entwickelt?
MD: Ja, da waren die Polen, die auch in dem Gebäude… Weil das war so Art von Hotel, aber das, ja, der Hausmeister von dem Hotel war Pole, und er hat dann so viele Polen da…
MA: War das dann noch in Speyer?
MD: Genau. Und dadurch sind ganz viele Polen in diesem Hotel gekommen, und da musste man kein Arbeitsvertrag haben, weil das ist auch immer Problem. Also eine Wohnung zu mieten ohne Arbeitsvertrag. Also wenn man so einen Minijob hat oder so Saisonarbeit dann hat man das nicht.
MA: Ah ja und dieser Besitzer von dem Hotel, der hat halt so eine Institution draus gemacht, weil er schon wusste… okay.
MD: Ja, das war so…
MA: Geschäftsidee.
MD: Geschäftsidee, Erleichterung für die Ausländer. Weil da waren vielleicht zwei, drei andere Ausländer. Aber viele, da waren auch so Bauarbeiter oder so, die konnten sogar nicht gut Deutsch sprechen, dann konnte der Hausmeister immer dann kommunizieren zwischen dem Besitzer und diese Bewohner da.
MA: Ach so, das war kein polnischer Besitzer, sondern der Hausmeister hat das alles organisiert?
MD: Ja, ja.
MA: Für einen deutschen Besitzer dann praktisch.
MD: Ja, genau so. Und dann da waren zwei Tochter von diesem Hausmeister und mit den beiden bin ich bis heute noch so teilweise befreundet. Und ja, die eine, die ist auch schon sehr lange hier und dann hat sie andere Leute gekannt und eigentlich das war meine erster Freundeskreis. Und dann zweite das war, ja, von meinem Mann.
MA: Dass Sie da dann… und Sie haben dann auch gesagt, Sie haben dann auch ein anderes Deutschland kennengelernt.
MD: Ja, weil die sind echt nett, also…
MA: Also da haben Sie nicht das Gefühl, dass es da irgendwelche Vorbehalte oder irgendwelche so…
MD: Dann habe ich wieder so neue Theorie entwickelt, dass die junge Deutsche, die sind eigentlich nicht mehr so ausländerfeindlich und sind mehr so flexibel und offen. Sogar für die osteuropäische Ausländer und das.. aber heute denke ich, dass es nicht jeder Krei.. also in jedem Kreis von jungen Deutsche, aber meistens ist es so, dass das heute schon mehr gemischt ist. Aber diese ältere Schicht, das ist immer noch so.
MA: Wie ist es mit den Eltern von Ihrem Mann?
MD: Das ist sehr gut, das ist echt, also mit meiner Schwiegermutter verstehe ich mich sogar besser als mit meiner Mutter.
MA: Okay, das ist selten [lacht].
MD: Ja, also dazu eine deutsche Schwiegermutter, also.. das ist, die sind echt beide sehr nett. Okay, die sind vielleicht vom Beruf auf – sie sind beide Psychologen, dann können Sie gut mit Menschen umgehen und so. Aber so wie ich gesagt habe, die kommen aus DDR, die kennen auch ein bisschen…
MA: Die haben noch so ein… das ist ja so eine Gemeinsamkeit dann, gell?
MD: Ja, es ist so, die wissen, dass manchmal Leben so schwieriger laufen kann und so, und das hat uns auch wahrscheinlich so verbunden.
MA: Naja klar, ich meine es ist ja dann nochmal eine andere als wenn jetzt… ja klar. Und dann, mit dem Kind das kam, also Sie waren ja dann letztlich… Gut, Ihr Mann war ja jetzt dann Ihre Familie. Aber war das irgendwie schwierig dann ohne Familie hier zu sein?
MD: Ja, ja. Also das war dann ab dem Moment, also ich habe mich, wir haben uns entschieden, dass wir das Kind wollen usw., aber das war dann erst schon alles so ernst und keine Abenteuer mehr, also dann…
MA: Ja, wie war das dann eigentlich für Sie, wo Sie dann gesagt haben, „Okay, ich bleibe jetzt hier“. War das dann der Punkt wo Sie sagten, „Ich bleibe jetzt hier“?
MD: Ja.
MA: Wie war das so vom Gefühl, war das auch eine schwere Entscheidung dann?
MD: Nein, in dem Moment war das nicht mehr so schwer. Das war nicht schwierig, sondern… Also okay, die Schwangerschaft, das… Okay, dann war Hochzeit so und ich war schwanger, ich hatte eigentlich keinen Bock auf diese Hochzeit, aber das mussten wir machen wegen den ganzen Papieren, also Versicherungen usw., weil das war dann besser. Ja, das ganze so Papierkram das musste man alles erledigen.
MA: Haben Sie hier geheiratet oder in Polen?
MD: Hier, ja.
MA: Und Ihre Verwandten sind dann auch gekommen?
MD: Ja, genau. Die haben sich eigentlich da erst kennengelernt und so. Aber meine Schwiegereltern, die haben das echt schön vorbereitet. Die haben in einer Gaststädte, wo auch polnische Mitarbeiter sind und die konnten bisschen übersetzen, dass ich entlastet bin. Also das war eigentlich, ist alles gut gelaufen. Und ja, also alle Schwierigkeiten dann danach waren vielleicht nicht damit verbunden, dass ich Polin bin und hier geblieben bin, sondern dass mein Kind auch eine Behinderung hatte. Und dann ich musste echt mit allen Ärzten sprechen und dieses ganze auch, diese medizinische Sprache beherrschen, weil ich wollte unbedingt wissen, was die da sagen und so und mein Mann konnte auch nicht ständig mit mir zu einem Krankenhaus, weil ich war dann nach seiner Geburt, okay, er war einen Monat im Klinikum, aber dann ich musste jede Woche zum Arzt mit ihm gehen, das war… Und dann, also das war eigentlich der Moment, wo ich echt viel mit der Sprache nachgeholt habe, also…
MA: Dadurch, dass Sie sich eben verständigen wollten so auf einem…?
MD: Wir waren auch, also wir waren in Physiotherapie, Ergotherapie, für Förderstelle, also verschiedene, haben viel gemacht und das war bestimmt, also für mich in Polen war das, wenn um Sprache geht viel leichter. Ja.
MA: Das war dann schon eine schwierige Zeit.
MD: Ja, das war sehr schwer. Also ich habe auch mit ihm diese schwierige Therapie gemacht, Vojta Therapie, und das macht man vier Mal am Tag so Übungen, wo das Baby schreit, und das war mein Leben die ersten zwei Jahre. Also nur Arztbesuche und diese Übungen. Und das war für unsere frische Ehe schon viel. Und mein Mann ist noch viel jünger als ich, er ist sechs Jahre jünger als ich und gut, er war in der Arbeit, er war nicht immer dabei, aber das war schwierig, aber ich habe gesagt, das war nicht unbedingt deswegen, das ist…
MA: Ja, das wäre für jeden sozusagen schwierig gewesen, so damit… Es ist ja schon eine Herausforderung, wenn man ein Kind neu hat, und ich denke dann, wenn man dann auch so viel dann auch macht oder machen muss oder klar, dann ist man wahrscheinlich ganz anders eingespannt.
MD: Aber okay, hat niemand gesagt, was für Ursache hat seine Behinderung.
MA: Haben Sie das vor der Geburt schon gewusst oder ist das dann während der Geburt passiert oder…?
MD: Ja, das hat eine Ärztin dann am Ende, sechste, siebte Monat, dann hatte die was gesehen, dass mehr Flüssigkeit gibt, also im Köpfchen. Und dann hatte aber gesagt, „Ach, das kann sich noch entwickeln“, also sie hat nichts gesagt, dass so das eine Behinderung bedeutet. Erst…
MA: Nach der Geburt dann?
MD: Also erst…, er war noch nicht geboren, aber ich war schon im Klinikum gelandet und dann hatte ich diese MRT, diese Ultraschall so, ach wie heißt es jetzt? Diese Röhre da.
MA: Ja diese…, fällt mir jetzt grad auch nicht ein, egal.
MD: Und dann hat man gesehen. Aber ich weiß nicht, mit diesen Arztbesuchen zum Beispiel in meiner ersten Schwangerschaft, also ich kann das jetzt vergleichen, dass das auch wegen der Sprache das war alles so ein bisschen… Also ich habe nicht immer nach allem gefragt und die Ärzte haben auch nicht immer gesagt, weil ich es nicht gefragt habe.
MA: Weil das war dann alles so schnell, ohne dass man groß nochmal Informationen bekommen kann usw.?
MD: Ich bin auch zu einem Arzt gelandet, der war… Also, als die gesagt haben, dass ich zu viel Fruchtwasser habe und ich hatte mit Blutzucker Probleme gehabt und dann bin ich zu einem gegangen einfach in der Nähe und er war auch so Homöopathe und der hat mich dann auch falsch behandelt.
MA: Okay. Von daher dann doch, dass das Sprachliche vielleicht da… Dass da einiges nicht schnell erkannt oder eben schnell mitgeteilt wurde?
MD: Ja, ja. Das war bestimmt. Zum Beispiel mit dieser Vorsorge in Schwangerschaft, denke ich jetzt, das war nicht so optimal damals.
MA: Also im Vergleich dann zu Ihrem zweiten, wo Sie dann auch sich besser artikulieren konnten usw. und…
MD: Ja. Okay, bei mir war auch der Fall mein Vater war Arzt und ich musste nie zum Arzt gehen. Ehrlich gesagt ich war auch ein bisschen in diesem Bereich unerfahren. Ich dachte dieser Arzt ist gut, jeder Arzt sagt mir, was ich machen muss.
MA: Wie war das eigentlich – das habe ich vorhin noch gar nicht gefragt – für Ihre Eltern, dass Sie dann gesagt haben Sie bleiben hier, Sie heiraten hier, Sie bekommen hier ein Kind, wie haben die das aufgenommen? War das…?
MD: Also okay, mit meinem Vater hatte ich nicht so gute Kontakt dann später gehabt, und ja, er hat sich dann nicht geäußert, aber meine Mutter, ich war in Polen, als ich schon schwanger war und dann habe ich ihr zu Hause gesagt und also sie hat sich gefreut. Ja, für sie war das eigentlich gut. Sie wusste, dass, also sie hat schon Christof gesehen, und sie wusste, dass wir schon länger zusammen sind, und ach, sie hat immer gesagt „Du schaffst das“.
MA: Besucht sie Sie auch manchmal hier?
MD: Ja, ja. Also wenn sie kommt, dann für längere Zeit.
MA: Dann auch, um die Enkel wahrscheinlich…
MD: Bei jede Umzug war sie natürlich da, und bei, wenn die Kinder…
MA: Sind Sie dann mehrmals…? Ja, von der Dammstraße wahrscheinlich noch woanders, wenn Sie erst vor kurzem hierhergekommen sind?
MD: Ja. Auf Melchiorstraße, das ist bei der Langenrötter Straße und dann…
MA: Ach, da in der Nähe wohne ich, in der Max-Joseph-Straße.
MD: Ah ja, genau.
MA: Ah, da haben Sie gewohnt, okay. Und vor zwei Jahren sind Sie da…?
MD: Ja, von Sommer, vor einem Jahr Sommer, also eineinhalb.
MA: Eineinhalb. Also wir waren auch Nachbarn [lachen]. Weil ich wohne da schon lange. Und haben Sie dann wahrscheinlich das Haus dann hier gekauft jetzt und…
MD: Das haben meine Schwiegereltern gekauft und wir mieten sozusagen das.
MA: Und, also nach der Geburt des ersten Kindes, und nachdem es dann so die Anfangs… Sie haben ja gesagt die ersten zwei Jahre sehr viel Therapie usw., haben Sie sich dann auch weiterhin intensiv um ihn gekümmert oder hatten dann wahrscheinlich auch keine Möglichkeiten, da auch weiter was für sich noch zu tun…?
MD: Ja. Ich habe zwar dann immer wieder Deutschkurse gemacht und mein Ziel war diese DAF-Prüfung zu bestehen. Und ja, war immer noch was zu tun. Aber diese erste zwei Jahre habe ich gar nichts gemacht, und dann mit drei ist er in den Kindergarten gegangen, also dann war schon leichter für mich. Und dann hatte ich auch Job, auch so ein Minijob.
MA: Ach so, da haben Sie auch nochmal gearbeitet.
MD: Ja, genau.
MA: Ja, und jetzt in Elternzeit mit dem Zweiten.
MD: Ja, und jetzt… Also ich wollte unbedingt zweites Kind und jetzt passt es gut. Und jetzt bin ich noch mit ihm zu Hause vielleicht bis Sommer noch.
MA: Dann kucken Sie wieder mit dem neue Plan.
MD: Dann kommt endlich Zeit für mich, ja.
MA: Gab es irgendwann einen Punkt bislang, wo Sie es bereut haben, dass Sie überhaupt hierhergekommen sind? Also dass Sie gedacht haben, „Wäre ich doch nur in Polen geblieben“ oder so?
MD: Das kommt immer wieder. Aber ich denke die ganze Zeit, gibt es sehr viele Vorteile und Nachteile. Und wenn ich dann in Polen wäre, dann würde ich das genauso sehen, das ist so fast halb-halb. Aber inzwischen habe ich hier viele auch Freunde gefunden, meine eigenen, nicht nur von meinem Mann oder so, und dann ist es gleich ganz anders.
MA: Sie haben ja vorhin auch schon erwähnt, oder ich weiß es ja so ein bisschen durch Frau Senator, sie hat Sie ja eben auch angesprochen, dass Sie irgendwie auch hier in der Kirche, sind Sie da irgendwie aktiv oder?
MD: Eigentlich als ich in Melchiorstraße gewohnt habe, in dem Haus wohnt auch eine Frau, die Jagoda, ich weiß nicht, vielleicht haben Sie mit Ihr auch was gesprochen?
MA: Ah, die wohnt in der Melchiorstraße? Ja, ich habe mit ihr gemailt, aber ich weiß gar nicht, wo sie wohnt.
MD: Ja, und sie ist Tochter von der – wie heißt das, so Kirchfrau – also von der Frau, die sich um die Kirche kümmert, also Pflege und alles Mögliche. Und sie hat eigentlich mich so eingeladen in diese Gesellschaft da. Ich bin zwar nicht so kirchlich, also ich gehe nicht ständig in die Kirche, aber die machen auch sehr viele Sachen für Kinder und so wie jetzt letzte Wochenende so Poesieabend, also so viele Sachen, auf Polnisch natürlich, und da habe ich genauso viele nette Polen getroffen.
MA: Die dann auch lange schon hier sind oder auch so…?
MD: Ja. Die sind meistens lange hier, aber da kommen immer wieder neue. Viele sind einfach nur wegen der Religion da und viele, so wie ich, einfach um sich zu treffen und was zusammen machen. Und für mich ist auch die Sprache für meine Kinder so wichtig, weil die haben nicht so viel Gelegenheit, also ich spreche zwar Polnisch zu beiden, aber sonst ist keine andere Ansprechpartner.
Also mit dieser Tante habe ich keinen Kontakt jetzt mehr in Schifferstadt, die Cousine ist nicht mehr da, also keine Familie eigentlich, keine polnische Familie hier und ich bin zuerst auch oft mit dem älteren Sohn gegangen in so eine Katechese heißt das, also so einmal am Sonntag ein Treff für Kinder und die sprechen und singen in Polnisch. Und das war der erste Schritt, also ich bin wegen seiner Sprache auch oft gegangen.
MA: Ja, schön. Nein das ist ja das mit der Sprache, das ist ja auch so eine Sache. Ich kenne das ja selber, bei meinen irgendwie, wir sind sogar dreisprachig, und das ist dann…
MD: Drei?
MA: Ja, ja, also mit drei ist es fast unmöglich irgendwie.
MD: Was ist die zweite Sprache?
MA: Griechisch, ich bin ja Griechin.
MD: Ja, Griechisch, Deutsch, und..?
MA: Türkisch. Der Papa ist, also seine Eltern sind aus der Türkei und… Aber das ist fast unmöglich irgendwie alle drei. Wir hatten es uns vorgenommen irgendwie alle drei gleichwertig, aber inzwischen reden sie fast nur Deutsch, obwohl sie noch so klein sind. Das ist schwierig. Aber ich finde es auch wichtig, dass sie zumindest so ein bisschen was haben. Genau, was wollte ich jetzt fragen? Was könnte aus Ihrer Sicht für Migranten hier in Mannheim besser sein? Oder was würden Sie sagen sind die größten Probleme vielleicht so rum gefragt. So aus Ihrer Sicht, aus Ihrer Wahrnehmung, was Sie so…?
MD: Ja, also so allgemein gibt es auch viele Migranten, die schon eigentlich hier fast geboren sind, und dann sind die Deutsch. Die haben ausländische Verwandte oder so, aber für die, die vor kurzem gekommen sind, dann… hm. Muss ich überlegen, weil da gibt es so viele verschiedene Fälle. Aber zum Beispiel meine – ich habe auch eine Frau, junge Frau getroffen, aus Bulgarien. Sie ist Anwältin von Beruf und sie wollte unbedingt Sprache lernen und sie hatte so ständig, also sie hat keine Unterstützung bekommen, das zu ermöglichen auch finanziell. Sie hatte nicht genug Geld für diese… das kostet echt viel Geld, dieser Sprachkurs. Das war auch mein Problem, diese ersten Sprachkurse bis B2, die sind dann irgendwie ein Euro pro Stunde, also ziemlich, also fast kostenlos. Aber wenn jemand was… So anspruchsvoll lernen will, das was eigentlich im Alltag auch nötig ist, weil nur so zu sagen „Hallo“ und „Auf Wiedersehen“, das kann man nicht mit so normalem Leben vergleichen. Und ja, das vielleicht, dass die Ausländer diese Unterstützung bekommen für die Sprache und für Information vielleicht, also dass die über alle Möglichkeiten informiert sind. Oder wo die überhaupt, das... Ich habe mit der Zeit das entdeckt, aha, da gibt es so eine Institution so interkulturell, im Zentrum oder so war es, aber in dem Arbeitsamt es sagt… Also die haben keine Lust selber was zu sagen, und die sagen auch nicht, „Ach, bitte, Sie könnten vielleicht dahin gehen oder dahin oder dahin oder zur Caritas“ oder irgendwo, also…
MA: Dass man das vielleicht eher so zufällig dann erfährt, wenn überhaupt.
MD: Ja, ja, zufällig, ja, oder wenn es schon zu spät ist. Aber ich finde sowieso, die Sprache ist das Wichtigste, weil sonst kann man auf alle Informationen nichts, also das alles mitbekommen. Und wenn da nur so diese Grundsprache… Okay, gibt es viele, die keinen Bock haben vielleicht diesen Kurs zu machen, aber ich kenne viele, die einfach das wegen Geld auch nicht machen, weil es im Vergleich zu andere Sprache – also in Volkshochschule – da sind die Deutsch, also Deutschkurse sind die teuerste.
MA: Wirklich? Was kostet das dann?
MD: Also z.B. diese Intensivkurs für den Test DAF das kostet… Ich bin extra nach Heidelberg immer gefahren, weil da preiswerter war, aber das war dreihundert bis vierhundert Euro für diesen nur Vorbereitungskurs, also eigentlich für diese letzte Schritt. Und wenn man dann von Anfang bis Ende, also bis so soweit lernen will, das sind so weiß ich nicht, so zweitausend Euro oder so was.
MA: Wo man dann wahrscheinlich auch nicht irgendwie vom Arbeitsamt oder so was wahrscheinlich gar nicht da…
MD: Naja gut, wenn jemand tolle Arbeit hat…
MA: Nur dann.
MD: Ja, dann ja. Dann kann der Arbeitgeber das bezahlen, aber dann meistens sind das so Leute die dann Englisch noch sprechen oder so. Also in ZI, da habe ich viele, die also mit meinem Mann arbeiten ganz viele Ausländer, aber die sind manche Doktoranden, also so junge Leute, die dann noch arbeiten und die sprechen dann im ZI zum Beispiel meistens alle Englisch.
MA: Jaja, das ist so ein internationales Umfeld, wo es natürlich anders ist, als wenn man so als Einzelkämpfer…
MD: Aber und viele bleiben auch nicht hier länger. Die kommen und gehen.
MA: Ja. Ich hätte noch ein paar Fragen so zu Mannheim an sich. Was ist für Sie typisch Mannheim, ganz typisch so für diese Stadt?
MD: Typisch für Mannheim? Also diese Ausländer, diese Mischung. Ich weiß nicht, zum Beispiel auch diese Straße, wo nur die türkische Geschäfte sind. Ich weiß nicht, ob das in so viele Städten sonst in Deutschland ist. Ja, diese Mischung, würde ich sagen.
MA: Und was gefällt Ihnen an Mannheim und was nicht?
MD: Also diese Mischung finde ich auch interessant, das gefällt mir jetzt.
MA: Ach so, inzwischen hat sich das Bild gewandelt?
MD: Ja.
MA: Ah ja, vielleicht erzählen Sie dazu noch ein bisschen.
MD: Na gut, alles was unbekannt ist, das ist meistens so abschreckend, da hat man Angst vor diese neue und so. Und jetzt wenn ich, meistens mit den Leuten kommunizieren kann und ich treffe die immer wieder und irgendwann neue Leute und die erzählen dann, das ist einfach diese kulturelle Mischung das ist dann interessant für mich. Da ist man selber so flexibel und so, nicht mehr so konservativ und man denkt nicht dass, „Ach, nur meine ist das richtige oder so“ und kann man auch tolerant werden für andere, die anders sind.
MA: Haben Sie auch Bekannte oder Freunde, die jetzt aus anderen kulturellen Hintergründen sind? Hat sich das so ergeben in Ihrem…?
MD: Ja, ich habe auch von ZI, so wie ich erzählt habe, da haben… Also jetzt in dem Haus sind nicht so, weil keine Zeit ist, aber wir haben oft so zusammen gekocht und so, und manchmal waren zwanzig Personen und jeder war aus einem anderen Land. Und ja, wenn zum Beispiel so Feiertage kommen oder Sonntag, dann gibt es, sieht man diese religiöse Unterschiede. Und bei Kochen sieht man auch, kann man was Neues entdecken, und so Meinung auch Verschiedenheiten. Das macht es alles so bunt und so interessant, nicht so wie ich damals gedacht habe, da ist alles so still und abgetrennt nur. Das macht sogar die Deutsche, die da sind das ist nicht mehr still, weil der Italiener schreit, dann muss der Deutsche auch schreien oder so was.
MA: Also das würden Sie dann sagen, das ist etwas, was Ihnen an Mannheim gefällt dann auch.
MD: Ja.
MA: Und etwas, was Ihnen nicht gefällt an dieser Stadt? Oder besonders nicht gefällt?
MD: Also mir fehlt auch von so Infrastruktur von Stadtbau, so schöne Zentrum von Stadt. Das ist alles so verteilt und nur die Geschäfte und so. Okay da gibt es dieses Schloss, aber da passiert eigentlich nichts, und nur dieser Paradeplatz, das ist mir zu wenig.
MA: Ja ja, das ist halt so eine Industrie… keine schöne Stadt in dem Sinne.
MD: Ja.
MA: Wie so Speyer ist da sicherlich viel…
MD: Also so ruhig Zentrum.
MA: Gibt es trotzdem einen Ort in Mannheim, wo Sie sagen das ist so, da gefällt es mir sehr gut oder was Sie so als Ihr Mannheim bezeichnen würden, oder gibt es das auch gar nicht so?
MD: Also ich mag gerne den Luisenpark zum Beispiel, da kann man abschalten auch vom Lärm. Und sonst, was mag ich noch so gerne, also am Wasserturm natürlich so Sommer, wenn das alles so grün gewachsen ist, aber die Autos das ist dann schon… also schön und nicht mehr so schön. Was mag ich noch so gerne? Hm? Also okay, das Schloss finde ich schön, aber das ist mir dann zu wenig aktiv da in dieser Ecke. Also ich würde sagen Luisenpark, das ist das Schönste.
MA: Und jetzt als letzte Frage. Habe ich schon zum Teil, also fast so gestellt, aber vielleicht nochmal so: Wenn Sie die Möglichkeit hätten alles noch einmal zu machen, würden Sie wieder nach Mannheim kommen und hier bleiben? Das war ja ein bisschen so die Frage mit dem, ob Sie es bereut haben, aber wenn Sie jetzt wieder von diesem Punkt anfangen oder von Null, sagen wir mal, anfangen könnten?
MD: Also wenn ich das genauso, wenn ich wüsste, das läuft genauso wie gelaufen ist, ob ich das noch mal machen würde?
MA: Gute Fragen, gell [lacht]?
MD: Ja, dann muss ich Ja und Nein sagen, weil ich weiß es nicht.
MA: Also so ambivalent einfach. Gut, ich danke Ihnen wirklich sehr für das Interview, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Hat ja auch mit Ihrem Sohn super geklappt, er hat die ganze Zeit geschlafen. Super. Also vielen Dank!
MD: Bitte!
Produktionsbeteiligte:Interviewerin: Maria Alexopoulou
Playing time:1:19:25
Ton:nur
Angaben zum Erwerb:D 51
Alte Signatur:Zugang 9/2014 Nr. 14
 

Usage

Permission required:Keine
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:Öffentlich
 

URL for this unit of description

URL: https://scope.mannheim.de/detail.aspx?ID=1506943
 

Social Media

Share
 
Home|de en
Online queries with scopeQuery™